Ein Leben für Protest und Bilder
Einen schönen, so lebhaft wie traurigen Film über die Protestgruppe Femen hat Charlène Favier gedreht. Im Zentrum steht die Mitbegründerin der Gruppe, die bildende Künstlerin Oxana Schatschko (sehr engagiert dargestellt von Albina Korzh). Seit 2008 war die ukrainische Gruppe öffentlichkeitswirksam aufgetreten. Zunächst waren die Akteurinnen gegen Prostitution und Menschenhandel aktiv und protestierten bei Politikertreffen. Pressetauglich waren ihre Aktionen, weil sie ihre Slogans auf ihre nackten Oberkörper schrieben. Bei einer ihrer Events in Weißrussland wurden sie eigenen Angaben zufolge in einen Wald verschleppt und mit Hinrichtung bedroht.
Favier stellt in ihrem Film Oxana Schatschko in den Mittelpunkt. Ihr Film erzählt in der Machart der klassischen Künstlerbiografie die Stationen in Schatschkos Leben nach.
Früh machte sie auf ihre künstlerische Begabung aufmerksam. Als einziges Mädchen durfte sie die kirchliche Ikonenmalereischule besuchen – die Technik der Ikonenmalerei sollte sie ihr ganzes Schaffen hindurch begleiten. Parallel zu ihrem Weg als Künstlerin zeigt der Film das politische Engagement Schatschkos und ihrer Mitstreiterinnen. Insbesondere wendet sich die Gruppe gegen die Kollaboration von Politikern und Oligarchen, die Züge organisierter Kriminalität trägt.
Eng verknüpft ist diese Erzählung mit der Darstellung des Aufbruchsgefühls einer jungen Generation in den postsowjetischen Staaten – inklusive Clubs, Tanz und auch Drogen gegen alte Verbindlichkeiten. Armut, Arbeits- und Perspektivlosigkeit sowie familiäre Gewalt stehen dem Freiheitsdrang entgegen.
Faviers Film schafft es, den Zuschauer sehr für Schatschko einzunehmen; ihre emotionalen Brüche wie Hochgefühle sind gekonnt in Szene gesetzt. Letztlich trennt sie sich auch von der Femen-Gruppe, die unter anderer Federführung den Charakter einer professionellen NGO mit Schulungen, Workshops etc. annimmt.
Sie selbst zieht nach Paris, eröffnet als anerkannt politisch Verfolgte ihre erste Ausstellung mit Bildern, die den Kampf mit ihren inneren Dämonen zeigten. Ikonen voller blasphemischer Anspielungen. Oxana Schatschko starb im Jahr 2018 mit nur 31 Jahren durch Suizid. Favier setzt dieser außergewöhnlichen Künstlerin und Aktivistin ein beachtliches filmisches Denkmal.
„Oxana“. F 2024. Regie: Charlène Favier. Mit Albina Korzh, Maryna Koshkina. Kinostart: 24. Juli 2025
Hinweis:
„Oxana“-Preview mit anschließendem Panel „Mut, Wut, Widerstand – welchen feministischen Protest brauchen wir heute?“
In Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung
Dienstag, 15.7.2025 um 19:30 Uhr im Berliner Filmtheater am Friedrichshain
Ticketlink zur Veranstaltung: https://www.yorck.de/specials/special-screening-oxana-mein-leben-fur-freiheit
Im Anschluss an die Preview des emotionalen Biopics diskutieren auf einem Panel Sookee, Musikerin und Aktivistin, Sarah-Lee Heinrich, politische Aktivistin & Cesy Leonard, Gründerin der Initiative ‚Radikale Töchter‘ zum Thema „Mut, Wut, Widerstand – welchen feministischen Protest brauchen wir heute?“. Die Moderation übernimmt Sonja Eismann, Mitherausgeberin des Missy Magazins, Autorin und Journalistin.