Kultur und Gewalt
Eric Ohena Lembembe war Journalist und schwuler Aktivist in Kamerun, einem Land, in dem Homosexualität verboten ist. 2013 wurde er ermordet, die Suche nach den Tätern war erfolglos – sollte wohl erfolglos bleiben. Bis heute ist nicht bekannt, wer ihn tötete.
Der Kameruner Filmemacher Appolain Siewe will dieses und andere Verbrechen und ihre Hintergründe auf eigene Faust aufklären. Zehn Jahre nach dem Mord reiste er mit einem Filmteam in sein Heimatland und stellte Recherchen an. Aber gegen die Mauer des Schweigens kam er nicht an, am Schluss vermutete die Familie Lembembes unlautere Motive hinter dem Projekt. Den Film konnte Siewe dennoch fertigstellen. Er heißt „Code der Angst“ und ist eine Erzählung nicht nur der kriminologischen Gründe, sondern der Kulturgeschichte. Wie ist es möglich, dass solch ein Mord geschieht und niemand kümmert es?
Auf seiner Spurensuche interviewt Siewe Kulturwissenschaftler und Anwältinnen, die Homosexuelle vor Gericht verteidigt haben. Tenor: Die Homophobie in Kamerun sei ein Erbe des Kolonialismus, vor der Kolonialherrschaft habe es in den Clangesellschaften des Landes sehr wohl polyamore und gleichgeschlechtliche Praktiken gegeben. Die Kolonialisten hätten dort ausgelebt, was zu Hause, etwa in Deutschland, bestraft worden wäre. So sei das Bild entstanden, Homosexualität gehöre zur Kultur europäischer weißer Invasoren. Zudem würde man sie mit einem zwangsläufigen Geburtenrückgang assoziieren, der letzten Endes zu einer Auflösung der Gesellschaft führe.
Und heute? Radikale christliche Prediger hetzen gegen Aktivisten. Selbst in seiner eigenen Familie eckt der Filmemacher mit seinem Thema an – bis hin zum Kontaktabbruch.
Dem gelingt mit seinem Film ein gelungen kritischer Blick auf die Gesellschaft Kameruns. Ein sehenswerter und mit seinen 84 Minuten sehr kompakter und informativer Dokumentarfilm.
„Code der Angst“. D 2023. Regie: Appolain Siewe. Kinostart: 5. Juni 2025