Engels 200

Typisch: Marx im Vordergrund und Engels dahinter.

Im Jahre 1868 hatten die Töchter von Karl Marx, einer Mode jener Zeit entsprechend, einen Fragebogen entwickelt, dessen Beantwortung Auskunft über Ansichten und Absichten geben sollte. Marx und sein bester Freund, Friedrich Engels, hatten jeweils ein Exemplar erhalten und waren nun damit befasst, die Fragen mit großer Gewissenhaftigkeit zu beantworten. Eine der Fragen, die mit wenigen Worten beantwortet werden sollten, lautete: »Wie ist Ihre Auffassung vom Glück?« Marx dachte lange nach und schrieb dann: »Zu kämpfen.« »Papperlapapp«, war die Reaktion von Engels. Er notierte auf seinem Fragebogen: »Ein Chateau Margaux 1848« und bekundete damit seine Begeisterung für einen französischen Spitzenwein.

Kein Zweifel, Friedrich Engels, der am 28. November 1820, also vor genau 200 Jahren, in Barmen, heute ein Teil von Wuppertal, geboren wurde, war ein Mensch, der es verstand, das Leben zu genießen. Und seine Herkunft aus einer wohlhabenden Familie und seine eigene erfolgreiche Tätigkeit als Unternehmer gaben ihm dazu auch die notwendigen finanziellen Mittel. Doch vor allem war Friedrich Engels ein Mensch, der sich seiner sozialen Verantwortung bewusst war, der das Elend sah und verabscheute, das die kapitalistischen Verhältnisse hervorbrachten.

Ohne Engels kein "Kapital"

So verwundert es kaum, dass eines seiner berühmtesten Bücher, das im Jahr 1845 erstmals erschien, der »Lage der arbeitenden Klasse in England« gewidmet war. Im selben Jahr war die erste Schrift erschienen, die er gemeinsam mit Karl Marx verfasst hatte: »Die heilige Familie«, eine ätzende Kritik an den philosophischen Positionen der Brüder Bauer, vor allem aber eine Darlegung von frühen Gedanken zu einer materialistischen Dialektik. Im Februar 1848 wurde das wohl berühmteste Ergebnis ihrer gemeinsamen Arbeit der bis heute interessierten Öffentlichkeit übergeben: Das »Manifest der Kommunistischen Partei«, das inzwischen in mehr als hundert Sprachen übersetzt wurde und das nach wie vor in aller Welt gelesen wird.

Marx und Engels hatten sich erstmals im November 1842 in den Redaktionsräumen der »Rheinischen Zeitung« in Köln getroffen. Den Entschluss, künftig eng zusammenzuarbeiten, fassten sie im August 1844 bei einer erneuten Begegnung, diesmal in Paris, der ein intensiver gedanklicher Austausch per Brief vorangegangen war. Aus dieser Zusammenarbeit wurde im Verlauf der folgenden Jahre und Jahrzehnte eine legendäre Freundschaft, eine fast symbiotische Beziehung, ohne die insbesondere Marx nicht in der Lage gewesen wäre, sein großes Werk zu vollbringen.

Häufig wird beim Blick auf diese besondere Beziehung zwischen Karl Marx und Friedrich Engels übersehen, dass auch Engels ein eigenständiger großer Denker und schöpferischer Mensch war. Lange vor Marx hatte er damit begonnen, sich mit den bestehenden Theorien über das Funktionieren der kapitalistischen Gesellschaft zu befassen, und in einer eigenen Schrift erste »Umrisse zu einer Kritik der Nationalökonomie« niedergelegt. Erst durch die Anregungen von Engels begann Marx mit der jahrzehntelangen Arbeit an seinem großen Werk »Das Kapital«. Und es war Engels, der nach dem Tod von Marx dafür Sorge trug, dass aus einer Vielzahl von unfertigen Manuskripten, knappen Notizen und Exzerpten aus Arbeiten Dritter der zweite und der dritte Band des »Kapitals« entstanden.

Spitzname "General"

Und nicht nur das: Friedrich Engels, der sich auf diese Weise den Spitznamen »General« verdiente, verfasste zahlreiche militärpolitische Schriften. Viele seiner philosophischen und geschichtsphilosophischen Arbeiten – »Dialektik der Natur«, »Der Ursprung der Familie, des Privateigenthums und des Staats«, »Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie«, um nur einige wenige Beispiele zu nennen – sind bis heute weit über den Kreis der Marx-Engels-Forscher bekannt.

Nach dem Tod von Marx im März 1883 griff Engels verstärkt in die »Tagespolitik« der sozialistischen und sozialdemokratischen Parteien in Europa ein. Im Jahre 1891 hatte er großen persönlichen Anteil daran, dass das Erfurter Programm der deutschen Sozialdemokratie ein »marxistisches« Programm wurde, obwohl er – genau wie Marx selbst – den Begriff »Marxismus« ablehnte.

Friedrich Engels starb am 5. August 1895 in London, wenige Monate vor seinem 75. Geburtstag. Anders als sein Freund Karl Marx, der auf dem Londoner Highgate-Friedhof beigesetzt wurde, hat Friedrich Engels kein Grab. Die Urne mit seiner Asche wurde am 27. September 1895 in der Nähe der südenglischen Stadt Eastbourne fünf Seemeilen vor der Küste im Meer versenkt.