Wie Dobrindt einen Angriff auf trans-Rechte versuchte und scheiterte

trans-Rechte schützen!

Reformen des Meldewesens sind meistens nichts, was großes Aufsehen erregt – obwohl dahinter große Fragen und potenzielle Gefahren liegen. Historisch gesehen, hat sich Datenschutz als Grundrecht und Abwehrrecht gegen den Staat etabliert, weil der deutsche Faschismus erst mit Listen und der Registrierung der Bevölkerung seine systematischen Verbrechen begehen konnte. Wachsende Kontrolle und Wissen über die Bevölkerung kennzeichnet dabei moderne kapitalistische Staaten seit dem 19. Jahrhundert. Deswegen klingt Meldewesen zwar trocken, ist aber ein zentrales Machtmittel des Staates und es ist wichtige Aufgabe einer Linken, hier kritisch hinzuschauen.
Insbesondere, wenn wir diesen Staat gerade als zunehmend autoritär agierend erleben – die Zeitenwende nach innen ist auch eine autoritäre, die auf Grundrechte zielt und Gehorsam. Ganz vorne sind dabei Angriffe auf trans Menschen. Hass auf Queers gehört zur autoritären und rechten DNA. Es ist also kein Wunder, dass Innenminister Dobrindt, der in der Vergangenheit mit Gastbeiträgen zur „konservativen Revolution“ https://taz.de/Kommentar-Dobrindts-Konservatismus/!5472148/ negativ aufgefallen ist, sich dem Kulturkampf gegen trans Menschen verschreibt. 

Dobrindt will trans Menschen bundesweit registrieren lassen

Schon im Sommer sickerte durch, dass der Innenminister eine Verordnung für das Meldewesen plant, die eine langfristige und großflächige Registrierung von trans Menschen vorsieht. Ein zentrales Melderegister nur für trans Menschen. In diesem sollen ihre veralteten, nicht mehr rechtsgültigen Namen (also veraltete Vornamen und falsche Geschlechtseinträge!) gespeichert und automatisch an zahlreiche Behörden weitergeleitet werden. So käme es zu einer Zunahme von Zwangsoutings gegenüber staatlichen Mitarbeiter*innen und Diskriminierung im Alltag, mit der trans Menschen im Umgang mit Behörden und Polizei eh ständig konfrontiert sind. Vorgeblich als Mittel der Transparenz ist der Plan unverhältnismäßig und sehr wahrscheinlich verfassungswidrig. Der Protest folgte entsprechend. https://weact.campact.de/petitions/kein-sonderregister-fur-trans-personen-nie-wieder-listen-gegen-minderheiten. Die Vorstellung, dass trans Personen massenhaft Sozialbetrug oder Strafvereitelung betreiben würden, weil sie Personenstand und Namen ändern, entspringt einem zutiefst transfeindlichen Narrativ. Zum Vergleich: Es ist kein Register geplant für Menschen, die ihren Namen ändern - aufgrund von Heirat beispielsweise.

Problematische Datensammelwut und Zwangsouting

Darüber hinaus ist die Datensammelwut, die mit so einem Vorhaben einhergeht, grundsätzlich problematisch. Gerade in Zeiten einer zunehmend autoritären Staatsentwicklung müssen solche Datensammlungen verhindert werden. Und mal ehrlich: Wer glaubt, dass es bei trans Menschen bleibt? Der Umgang mit Minderheiten ist immer auch eine Blaupause für den Umgang mit der ganzen Bevölkerung.
Die Verordnung wurde also im Herbst auf die Tagesordnung des Bundesrats gesetzt – kurz nachdem dieser sich für die Änderung des Artikels 3 im Grundgesetz ausgesprochen hatte. Bei Dobrindt muss man immer davon ausgehen, dass es kein Versehen ist. Nach Protest und Ablehnung u.a. durch die von den Linken mitregierten Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern und Bremen, aber auch dem schwarz-grün regierten NRW, wurde der Regierung klar, dass die Verordnung keine Chance hat. Ein eilig verschicktes Papier machte wenige Tage vor der Abstimmung die Runde - ohne Briefkopf, aber angeblich aus dem Bundeskanzleramt verschickt, versuchte das Papier auf den letzten Metern die Landesregierungen zum Einlenken zu bewegen - vergeblich. Also wurde der Punkt von der Tagesordnung genommen.
Ein einmaliger Vorgang, der ein großer Erfolg für die zivilgesellschaftliche trans Community ist, aber auch zeigt, welche wichtige Rolle die Landesregierungen immer wieder spielen. Dobrindt wird es wieder versuchen - er wird Druck ausüben auf die Koalitionspartner der Linken, aber auch der Grünen. Deswegen ist es wichtig, dranzubleiben. Und zu hoffen, dass die kleinen Koalitionspartner im Bundesrat hart bleiben und nicht umkippen bzw. müssen wir weiter Druck machen. Noch bleiben alle Standhaft. Vorerst.