Bürgergeld-Sanktionen – alles für die Katz

Einen Schritt vor und zwei Schritte zurück. Wir befinden uns im zweiten Jahr des Bürgergeldes. Beim Bürgergeld, mit dem die „Begegnung auf Augenhöhe“ stattfinden soll. Dort, wo im Jobcenter der neue Kooperationsplan gemeinsam erarbeitet wird, um leichter in Arbeit zu kommen. Hätte, hätte Fahrradkette. Aus dem Bürgergeld und aus der „Begegnung auf Augenhöhe“ wird nun endgültig Hartz V und das Damoklesschwert der Vollsanktion wird wieder heraus gezurrt. Die Androhung der Vollsanktion über zwei Monate wird den Alltag der Jobcenter erneut bestimmen. Das Bürgergeld gibt es als Benefit wieder nur für marktkonformes Verhalten, in dem die Spielregeln von den Jobcentern diktiert werden. Das Bürgertum und die konservativen rechten und die ebenso dafür offenen sozialen Parteien werden damit beruhigt, welches oftmals die Meinung vertreten, dass Sozialleistungsberechtigte faule Schmarotzer sind.

Vollsanktion dient der Bestrafung

Wer nicht spurt, spürt die Peitsche. Der muss hungern und frieren. Wer sich nicht in die Zwangsarbeit stecken lassen will, wird sanktioniert. Da interessiert es nicht, ob das Bürgergeld die Existenzsicherung darstellt, die nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts dem Grunde nach unverfügbar ist und eingelöst werden muss. „Unverfügbar“ heißt, dass niemand berechtigt ist, diesen Anspruch auf das Existenzminimum zu kürzen oder insgesamt zu nehmen. Durch eine Vollsanktion verschwindet das unverfügbare Existenzminimum und dient damit einzig allein der Bestrafung. Richten und bestrafen – und das so ganz ohne die Judikate. Es sind Komponenten des Strafrechts, die hier zum Zuge kommen. Damit wird der Sanktionsparagraf erneut zum Zentrum der Hartz-V-Gesetze. Das hatten wir schon einmal. Und darum wissen wir, dass Druck Gegendruck erzeugt. Dass die Sanktionen nicht dauerhaft in Arbeit vermitteln. Dass Sanktionen krank machen können und dass sie zu Hunger und Obdachlosigkeit führen können. Das alles wird erneut billigend in Kauf genommen. Und trotzdem möchte man in zwei Jahren diese neue, alte Praxis evaluieren. In einem Volkslied heißt es: „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“. So scheint es, dass die Bundesregierung, egal wer an der Macht ist, nicht willig ist, zu lernen, dass die schwarze Pädagogik, weder bei Kindern, noch bei Erwachsenen nichts zu suchen hat. Das Bundesverfassungsgericht hatte dem staatlichen Paternalismus einen Riegel vorgeschoben. Aus dem Sozialstaat verwandelte sich nun erneut ein knallharter Mitspieler, der per se auf die Erwerbslosen herunterschaut, als wären sie alle Arbeitsverweigerer. Es bleibt somit bei dem Bild des vordergründigen negativen Menschenbildes.

Armutszeugnis politischer Arbeit

Wenn wir eine positive Gesellschaft weiter entwickeln wollen, müssen wir ein positives Menschenbild fördern. Und dazu gehört nicht die Bestrafung von erwachsenen Menschen und deren Familien. Die Mehrheit irrt, wenn sie der Meinung ist, dass Bestrafung eine Kooperation fördert. Und sie irrt, wenn sie meint, Betroffene damit gefügig zu machen. Natürlich gibt es eine kleine Minderheit, die den Staat ausnutzen. Die gab es immer und wird es immer geben. Ein Staat und eine Gesellschaft kann diese mittragen. Und die kleine Minderheit finden wir überall. Nicht nur in der Erwerbslosigkeit. De facto bleibt die Frage offen, welche Maßstäbe politisch und menschlich angesetzt werden, wie mit den Schwächsten unserer Gesellschaft umgegangen wird. Wenn Bürgergeldberechtigte in ihren Grundrechten bedroht werden, ist das ein Armutszeugnis politischer Arbeit.