Critical Raw Materials Act

Nur im Einklang mit indigenen Gruppen in Europa und unserer Natur!

Die Rohstoffstrategie der Europäischen Union

Landschaftsfoto in schwedisch Lappland Landschaftsfoto in schwedisch Lappland Copyright: xZoonar.com/KarinaxBaumgartx 52

Die für die EU geschaffenen gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Beschaffung, Verarbeitung und dem Recycling von kritischen und strategisch wichtigen Rohstoffen, der sogenannte Critical Raw Materials Act (CRMA), der am 12.12.2023 im Europäischen Parlament verabschiedet wird, sowie die Gründung eines europäischen Critical Raw Material Board sind die Antwort der Europäischen Union auf den Inflation Reduction Act der USA und chinesische Subventionsprogramme in diesem Bereich.

In Windeseile wurde das Gesetz, das erstmals im März 2023 von der Europäischen Kommission vorgelegt worden war, durchgepeitscht. Der CRMA soll die EU stärken für den sich verschärfenden globalen Wettbewerb um Rohstoffe, die für die digitale und grüne Transformation der Industrien und ein Erreichen der Zielsetzung einer Net-Zero-Transition von zentraler Bedeutung sind. Zudem soll sich die EU zunehmend aus der Abhängigkeit von einigen wenigen Zulieferer-Staaten lösen, die diese Abhängigkeit auch politisch nutzen können.

Neben der weltweit steigenden Nachfrage bei gleichzeitiger Verknappung, z.B. durch Handelsbeschränkungen, haben Spekulationen mit Rohstoffen zu einer extremen Steigerung und Volatilität der Rohstoffpreise geführt. Es ist angeraten, die Rahmenbedingungen der europäischen Rohstoffpolitik gut aufzustellen, um Marktverzerrungen, Monopolen und der vorherrschenden Intransparenz entgegenzuwirken.

In Niedersachsen gibt es laut Rohstoffsicherungsbericht des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie seit einiger Zeit Forschungsarbeiten unter dem Stichwort „brine4power“, um ab 2025 mit Sole und einem Polymer gefüllte Salzkavernen in Küstennähe zur größten Batterie der Welt zu machen, die mit 700 MWh 75.000 Haushalte an einem Tag mit Strom versorgen könnte und als Energiespeichermedien für Überschussstrom aus erneuerbaren Energien dienen sollen.

Erhöhte Gehalte von Lithium, das als systemkritischer Rohstoff z.B. für die E-Mobilität gesehen wird, sind in geothermalen Tiefenwässern des norddeutschen Beckens, z.B. bei Munster, nachgewiesen worden. Lithiumgewinnung ist als Bestandteil von Projekten der Tiefengeothermie angedacht. Forschungsbohrungen und Extraktionsversuche finden aktuell in Horstberg zwischen Celle und Uelzen statt. 

Der dem CRMA inhärente Fokus auf Wertschöpfung innerhalb der EU muss vor dem Hintergrund beschleunigter Vergabeverfahren (2 Jahre bei strategischen Projekten im Gegensatz zu sonst üblichen Zeiträumen von 20 Jahren zwischen Erkundung und Bergwerksöffnung) jedoch weiterhin kritisch betrachtet und negative Folgen für Mensch und Umwelt müssen sorgfältig abgewogen werden. So berichtet Investigate Europe:

„Im nordschwedischen Lappland ist [… die] düstere Prognose bereits Wirklichkeit. Wegen neuer Bergbaupläne verlieren Samen dort Land rund um Kiruna, auf dem sie seit Jahrzehnten leben. "Sie haben unsere Seen trockengelegt, in denen wir gefischt haben. Sie haben uns das Land genommen, auf dem unsere Rentiere weideten", sagt eine Sprecherin der Samen, Karin Niia. "Wir mussten unsere Dörfer verlassen." Der Präsident des schwedischen Samen-Parlaments, Håkan Jonsson, warnt vor den Umweltfolgen mit drastischen Worten. Im Gespräch mit Investigate Europe sagte er: "Für uns wird der grüne Umbau zu einer schwarzen Transformation."

Nicht nur in Europa, auch global sind die Sorgen um Auswirkungen auf Umwelt und Menschen nicht unbegründet. Umwelt- und Menschenrechtsverbände hatten immer wieder darauf hingewiesen, dass der Critical Raw Materials Act eine Passage zum Free Prior Informed Consent (FPIC) enthalten müsse, um die Rechte indigener Völker zu schützen. Friends of the Earth weisen in ihrer Analyse zum CRMA darauf hin, dass der Gesetzfindungsprozess zu stark von den Interessen lobbyierender Konzerne beeinflusst worden ist und Umwelt- und Menschenrechtsstandards somit zu stark verwässert worden sind.

Finanziell ist der CRMA eher schwach aufgestellt. Den EU-Mitgliedstaaten wird kein gemeinsames Budget zur Finanzierung der Vorhaben gewährt. Die finanziell schwächer gestellten Mitgliedstaaten betrachten den daraus entstehenden Subventionswettlauf finanziell besser gestellter Staaten und die daraus entstehenden Ungleichgewichte mit Sorge. Macron hat für Frankreich einen 500-Millionen-Euro-Fonds angekündigt und auch die Bundesrepublik Deutschland plant einen Rohstofffonds in Höhe von einer Milliarde Euro.

Technologischer Fortschritt kann zudem dazu führen, dass ganz neue Technologien die Abhängigkeit von aktuell als kritisch bewerteten Rohstoffen in Zukunft auf den Kopf stellen könnten. Laut Investigate Euope hat z.B. China bereits eine Natrium-Ionen-Batterie entwickelt, die zumindest für den Stadtverkehr als Alternative zur Lithium-Ionen-Technologie gesehen werden kann.

Zudem bleibt zu erwähnen, dass der im CRMA vorherrschende Fokus auf Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit einer - im Sinne einer sozial-ökologischen Transformation - auf Klima- und Umweltschutz gerichteten Perspektive auf Verbrauchsminderung, Kreislaufwirtschaft, Recycling und nachhaltige Substitution weichen sollte.