Vollgas in die Klimakatastrophe

Wie Scholz und Habeck den Ausbau von Kohle und Gas in Deutschland und weltweit vorantreiben

Es ist gut, wenn Deutschland klimaneutral wird – doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Doch als historisch fünftgrößter Klimaverschmutzer hat die Bundesrepublik eine Verantwortung, die über den Nationalstaat hinausgeht: Beim Weltklimagipfel in Glasgow im letzten Jahr hat die Bundesregierung zugesagt, ab 2023 keine fossilen Investitionen mehr im Ausland zu finanzieren, Ende des Jahres müsste also Schluss sein. Doch im Senegal hat Bundeskanzler Olaf Scholz angekündigt, dass sich die Ampel nicht daran gebunden fühle. Anlass war die Ankündigung, in dem westafrikanischen Staat ein gemeinsames Gasprojekt anzustoßen und zu finanzieren[i]: Bis 2030 (!) soll der Staat einen Teil des russischen Gases ersetzen.

Gegen Umwelt und Menschenrechte in Kolumbien

In Kolumbien hat Scholz für mehr Kohleabbau für Europa geworben. Dafür müsste die bestehende Kohlegrube „El Cerrejón“ erweitert werden. Der Abbau dort ist heftig umstritten, weil dafür Flüsse umgeleitet und die Rechte von indigenen Gruppen eingeschränkt werden müssten.[ii] Doch im Gespräch mit dem noch amtierenden rechtskonservativen Präsidenten Duque hat der Bundeskanzler die Vordinglichkeit der deutschen Interessen betont. In der Stichwahl dürfte weder der Linke Gustavo Petro noch der Rechtspopulist Rodolfo Hernández nach dem Geschmack des Sozialdemokraten sein: Beide haben angekündigt, Menschenrechte und den Kampf gegen Umweltzerstörung auf ihre Agenda zu nehmen. Allerdings wird Hernández vom unterlegenen rechtskonservativen Duque unterstützt und hat selbst Korruptionsvorwürfe an den Hacken. So ist auch für die indigene Bevölkerung die echte Hoffnung der Wahlsieg Petros.

Auch Habeck springt auf den fossilen Schnellzug auf: Israel spricht Habeck über die Ausbeutung eines neuen, riesigen Gasfeldes.[iii] Die Finanzierung war bisher wackelig. Durch die deutschen Subventionen wird die Ausbeutung nun sichergestellt, die ihren Beitrag zur weiteren Erderhitzung leisten wird. Der Wirtschaftsminister hat eh noch einige Pfeile im Köcher, wie etwa Ölbohrungen im Wattenmeer. Die würden zwar nur im Nachkommabereich beitragen zur Energiesicherheit, aber das unwiederbringliche Schutzgebiet, das nebenbei noch CO2-Speicher ist, gefährden.

Habecks Geschäft mit dem dreckigen Gas

Mit dem Beschleunigungsgesetz für die LNG-Frackinggas-Infrastruktur hat Habeck die Finanzierung neuer Terminals sichergestellt. Dabei geht es nicht nur um die Finanzierung schwimmender Terminals, sondern um den Bau stationärer. Diese sollen bis 2043 eine Betriebserlaubnis haben. Wer sich erinnert: Im Koalitionsvertrag steht, Deutschland wolle bis 2045 klimaneutral werden. Bis 2043 also noch ordentlich rausballern, dann durch Zauberhand binnen zwei Jahren alles umstellen? Die Klimaziele sind angesichts dessen allein kit den LNG-Plänen längst Makulatur[iv]. Angesichts der Geschwindigkeit der Energiewende in den letzten Jahrzehnten erscheint das doch reichlich illusorisch. Für die Glaubwürdigkeit linker Klimapolitik wäre es hilfreich gewesen, wenn die Linksfraktion im Bundestag nicht enthalten hätte bei der Frage der LNG-Infrastruktur, sondern gemeinsam mit Umwelt- und Klimaschutzorganisationen widersprochen hätte.

Rasender fossiler Ausbau, Schneckentempo bei Erneuerbaren

Die Geschwindigkeit beim Ausbau der Erneuerbaren hält bei Weitem nicht mit der bei fossiler Infrastruktur Schritt: Für die Erreichung der deutschen Klimaziele werden zwei Prozent der Landfläche für Windkraft geraucht. Baden-Württemberg hat bereits seine Ausbauziele halbiert, Sachsen und Brandenburg mit Unterstützung der Grünen die Mindestabstände für Windkraft auf 1000 Meter erhöht, Thüringen könnte mit der Blockadekoalition aus CDU, FDP und AfD nachziehen. So stehen real bis dato nur 0,5 Prozent der Fläche zur Verfügung, den Ländern wird Zeit bis 2032 gegeben, um nachzusteuern. Eine Randbemerkung nur, dass die 1,5-Grad-Grenze, die SPD, Grüne und FDP als Orientierung angeben, nach Einschätzung von Klimaforschern bereits 2026 überschritten werden wird.

Fossile Expansionspläne stoppen, Subventionen abbauen

Es sollte zu denken geben, dass selbst bei sofortiger Beendigung der Kohleverstromung die Ende 2021 bereits bestehenden Öl- und Gasprojekte nach Berechnungen der Umweltschutzorganisation „Urgewald“ ausgereicht hätten, die 1,5-Grad-Grenz zu reißen.[v] Statt Photovoltaik und Windkraft auf die lange Bank zu schieben, muss, wer die Klimakatastrophe stoppen will, also die fossilen Expansionspläne der Konzerne und Staaten wie Deutschland aufhalten, die die Erderhitzung weiter anheizen. Dabei würde helfen, die fossilen Subventionen in Deutschland mit ca. 70 Milliarden Euro jährlich abzubauen[vi]. Der Verkehrsbereich macht daran 50 Prozent aus. Statt eines Tankrabatts als Subvention für Energiekonzerne bräuchten wir eine Übergewinnsteuer und die Unterstützung einkommensschwacher Haushalte. Ein Tempolimit, wie wir es als LINKE fordern, ist eh längst Gebot der Stunde. Das Ganze würde im Übrigen Putin viel mehr schmerzen als jedes Sondervermögen für die Bundeswehr.

[i] https://www.tagesschau.de/ausland/afrika/scholz-besuch-senegal-erdgas-101.html

[ii] https://www.swr.de/swr2/wissen/kolumbiens-indigene-klagen-ueber-mehr-kohleabbau-fuer-europa-100.html

[iii] https://app.handelsblatt.com/wirtschaft-habeck-will-in-israel-ueber-neues-gasfeld-sprechen/28402874.html

[iv] https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/neue-berechnung-der-deutschen-umwelthilfe-lng-plaene-der-bundesregierung-wuerden-grossteil-des-deutsch/

[v] https://www.urgewald.org/medien/ngos-veroeffentlichen-global-oil-gas-exit-list-cop-26-glasgow

[vi]https://www.diw.de/de/diw_01.c.827737.de/nachrichten/schluss_mit_den_gigantischen_subventionen_fuer_kohle__oel_und_gas.html#:~:text=Die Subventionen für fossile Energieträger,Jahr – noch immer sehr hoch