Equal Pay Day - Lohnlücke schließen

Ampel setzt die falschen Signale

Als Gender Pay Gap (geschlechtsspezifische Lohnlücke) wird die Differenz zwischen dem durchschnittlichen Bruttostundenverdienst der Männer und Frauen im Verhältnis zum Bruttostundenverdienst der Männer bezeichnet. Diese hat sich zwar in den vergangenen Jahren etwas verringert, liegt aber in Deutschland immer noch bei 19 %. Das bedeutet: Im Durchschnitt haben Frauen von Jahresbeginn bis heute umsonst gearbeitet.

Besonders hoch ist die Gender-Lohnlücke im Niedriglohnsektor sowie für Personen mit Kindern, in Branchen, in denen besonders viele Frauen arbeiten, und im Alter.

Seit Jahren gibt es genug Vorschläge, wie diese Lohnlücke geschlossen werden kann. Wichtig wäre die Aufwertung der Berufe, in denen viele Frauen arbeiten. Das WSI führt auf, dass Frauendominierte Berufsfelder mit einem Frauenanteil von über 70 Prozent sich vor allem in den personenbezogenen Dienstleistungsberufen finden. Frauen stellen den größten Anteil an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den Gesundheitsdienstberufen und den Sozial- und Erziehungsberufen, sowie ebenfalls bei den Friseurinnen und Friseuren, Gästebetreuenden, beim Hauswirtschafts- und Reinigungspersonal. Demgegenüber sind Frauen im Produktionsbereich und in technischen und handwerklichen Tätigkeitsfeldern weniger stark vertreten.

Wir brauchen zudem bessere Rahmenbedingungen für eine geschlechtergerechtere Aufteilung der Erwerbs- und Sorgearbeit, beispielsweise durch eine Reform des Ehegattensplittings oder einen Ausbau der Partnermonate beim Elterngeld, Umwandlung von prekären Arbeitsverhältnissen wie Minijobs in sichere auskömmliche Arbeit und allgemeinverbindliche Tarifverträge. Die Ausweitung der Mini- und Midijobs, wie von der Ampelkoalition geplant, wird sicher nicht zur Schließung des Gender Pay Gaps beitragen und der Anstieg der Beschäftigung in sozialversicherungsfreien Jobs führt Frauen weiterhin in die Altersarmutsfalle.

Unter dem Motto „Mehr braucht mehr“ ruft Ver.di morgen zum Streik- und Aktionstag in den Sozial- und Erziehungsdiensten auf. Dieser Kampf ist ein wichtiger Hebel zur Gleichstellung von Frauen, die den größten Teil der Beschäftigten in Kitas und Jugendämtern stellen.

Von der Ampelregierung haben wir hingegen wenig zu erwarten. Die Koalition proklamiert zwar die Gleichstellung von Frauen und Männern „in diesem Jahrzehnt“, setzt aber allein auf eine Erhöhung der Erwerbstätigkeit von Frauen, ganz im Sinne der Unternehmen, die dringend mehr Fachkräfte benötigen. Vollzeitarbeit bleibt das gesellschaftliche Leitbild, die Koalition macht Anstrengungen auch möglichst viele Mütter kleiner Kinder darin einzubeziehen.

Dass sich Frauen und Männer die Sorgearbeit gerecht teilen sollen, davon findet sich im Koalitionsvertrag der Ampel kaum etwas. Es wird stillschweigend davon ausgegangen, dass Frauen wie bislang weitermachen, sich um Kinder, Küche, Alte und Kranke kümmern, privat, beruflich und im Ehrenamt.

Statt einem mehr an Erwerbsarbeit muss das Verhältnis von Sorge- und Erwerbsarbeit grundsätzlich überdacht werden. Das Fatale für Frauen ist, dass die Sorgearbeit immer noch mit der „weiblichen Natur“ verbunden wird und weniger wertgeschätzt wird als die Produktion von Gebrauchsgütern wie Autos oder Handys. „Eine wirkliche Befreiung der Frauen ohne eine Umkehrung dieser Hierarchie wird es nicht geben“, sagt die feministische Philosophin Frigga Haug.

Das bedeutet, dass die Verteilung der Sorgearbeit auf alle Geschlechter auf die Tagesordnung dieses Jahrzehnts gehört. Die deutliche Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit auf etwa 30 Stunden und der Ausbau der öffentlichen Infrastruktur mit Ganztageskitas und –schulen ist dafür dringend notwendig.