Damit Wohnen wieder bezahlbar wird

Wohnpark Bensberg, Bergisch-Gladbach

Überall in Deutschland steigen Mieten und Nebenkosten rasant. Immer mehr Menschen geraten dadurch in eine soziale Notlage. Doch die Bundesregierung tut so gut wie nichts dagegen. Dabei gäbe es wirksame Instrumente, mit denen Mieter*innen sofort geholfen werden könnte. Auf einer Pressekonferenz am Montag im Berliner Karl-Liebknecht-Haus präsentierten Caren Lay, wohnungspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, und die Parteivorsitzende Janine Wissler ein Konzeptpapier mit Maßnahmen gegen die Preisexplosion von Mieten und Energiekosten.

Janine Wissler und Caren Lay: Gegen die Preisexplosion von Mieten und Energiekosten!
  • DIE LINKE

„Wohnungsnot und steigende Mieten sind eine der drängendsten Fragen unserer Zeit“, stellte Janine Wissler fest und unterstrich, dass das Problem inzwischen sehr viele Menschen in ganz unterschiedlichen Lebenslagen betrifft: „Familien, die auf engstem Raum leben, weil sie einfach keine bezahlbare Wohnung finden, junge Erwachsene, die nicht zu Hause ausziehen können, weil sie sich die Mieten nicht leisten können, Beschäftigte, die jeden Tag stundenlang pendeln, weil ihr Gehalt für eine arbeitsplatznahe Wohnung nicht reicht.“

„Die Ampel versagt beim Thema bezahlbarer Wohnraum auf ganzer Linie“, so die Bundesvorsitzende. „Die Mieten sind allein im Jahr 2023 um 5,8 Prozent gestiegen. Das ist aber ein statistischer Wert. Wir wissen, dass es Städte gibt, in denen sich die Mieten im letzten Jahrzehnt verdoppelt haben.“ Für den Preisanstieg sind nicht nur der Krieg in der Ukraine, sondern auch die gestiegenen Unternehmensgewinne verantwortlich, wie Janine Wissler klarstellte. „Die Unternehmen geben nicht einfach höhere Kosten weiter, sie setzen Preise hoch und steigern damit ihre Profite. Wir müssen an dieser Stelle also von einer Profit-Preis-Spirale sprechen.“

„Die Ampel wird auch in diesem Jahr ihr Wohnungsbauziel von 400.000 Wohnungen deutlich verfehlen, wie in den letzten Jahren“, bemängelte die Parteivorsitzende. Damit ist für sie klar: „Die Ampel lässt die Mieterinnen und Mieter im Stich.“

Auch dem dramatischen Anstieg der Nebenkosten schaut die Bundesregierung inzwischen nur noch tatenlos zu. „Seit 2020 sind die Preise für Haushaltsenergie um mehr als 50 Prozent gestiegen. Lebensmittel sind in drei Jahren um etwa 30 Prozent teurer geworden, einzelne Lebensmittel noch deutlich mehr“, so Janine Wissler. „Die Ampel tut nichts gegen die zentralen Kostentreiber: Mietenexplosion, Energiepreise, Lebensmittelpreise – und nichts dagegen, dass viele Menschen kaum noch über die Runden kommen angesichts dieser Preissteigerungen“, kritisierte sie.

Wirksame Maßnahmen statt Symbolpolitik

Janine Wissler und Caren Lay präsentierten ein Maßnahmenbündel, wie die breite Mehrheit bei den Wohnkosten rasch entlastet werden kann. „Wir wollen Verbraucherinnen und Verbraucher schützen“, so Janine Wissler. „Statt der löchrigen Mietpreisbremse, die den Anstieg der Mieten ja nachweislich nicht bremst, braucht es einen bundesweiten Mietendeckel.“

Außerdem forderte sie eine entschlossene Preisregulierung im Energiesektor. „Das gibt es in vielen Ländern der Europäischen Union, das gab es auch lange in Deutschland und das ist notwendig, damit Energiekonzerne die Kundinnen und Kunden nicht einfach abzocken können.“ Immobilienkonzernen will die Linke die Börsenzulassung entziehen, denn die Profiterwartungen der Finanzmärkte sind ein stetiger Treiber für Mieterhöhungen. Zudem fordert die Linke ein Investitionsverbot von Fonds in Wohnraum und Wohnungsunternehmen.

„Es ist 13 Jahre her, dass die Linke zum ersten Mal eine mietenpolitische Initiative gefordert hat – auch ich persönlich, genau an dieser Stelle“, so Caren Lay, wohnungspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag. Doch für die Mietpreise gab es seither „nur einen Weg, nämlich nach oben“, kritisierte sie. „Selbst in kleineren Großstädten steigen die Preise für neu angebotene Mietwohnungen in einem Jahr um 12 Prozent, und es gibt Großstädte, wo es deutlich teurer wird.“

„Umso dramatischer finde ich es, dass von der Bundesregierung jetzt zweieinhalb Jahre überhaupt nichts gekommen ist“, so Caren Lay. Der „Durchbruch“, den die Regierung in der Wohnungspolitik nun verkündet hat, wird keine spürbaren Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt haben: „Es soll nur die nachweislich nutzlose und wirkungslose Mietpreisbremse verlängert werden, ohne jede Nachbesserung“, kritisierte Caren Lay, die der Bundesregierung „unterlassene Hilfeleistung für die Mieterinnen und Mieter in diesem Land“ vorwarf.

Die Linke hat einen klaren Gegenentwurf: „Wir fordern einen bundesweiten Mietenstopp für die nächsten sechs Jahre. Die Mietpreise müssen eingefroren werden“, erklärte Caren Lay und erinnerte daran, dass diese Forderung im Bundestagswahlkampf von einem breiten Bündnis aus Gewerkschaften, dem Deutschen Mieterbund, Sozialverbänden und vielen Einzelinitiativen getragen wurde. Ein Bündnis, zu dem damals auch die SPD gehörte – bevor ihr Wahlversprechen schnell wieder in Vergessenheit geriet.

„Mieterinnen und Mieter brauchen wieder Luft zum Atmen, damit ihnen diese horrenden Mietpreise nicht das Geld aus der Tasche ziehen“, so Caren Lay. Auch längerfristige Maßnahmen sind laut der wohnungspolitischen Sprecherin der Linken dafür notwendig: „Wir müssen wieder eine staatliche Preisregulierung einführen. Deswegen fordern wir einen bundesweiten Mietendeckel.“ Dieser würde die Mieten in Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt einfrieren und besonders hohe Mieten absenken, wodurch das Preisniveau wieder gedämpft werden könnte. Neu wäre ein solcher Eingriff nicht: „Ich will an dieser Stelle daran erinnern, dass öffentliche Preisregulierung ja dem System der Bundesrepublik gar nicht fremd ist, sondern [...] nach und nach abgeschafft wurde, zuletzt in Berlin erst in den achtziger Jahren“, erklärte Caren Lay.

Regulierungslücken schließen

Besonders problematisch ist die zunehmende Verbreitung von Indexmietverträgen auf dem angespannten Wohnungsmarkt. Diese Verträge binden den Anstieg der Mieten an die Inflation. Die üblichen Schutzbestimmungen für Mieter*innen fallen weg. „Das ist eine große Regelungslücke“, kritisierte Caren Lay. „Es ist wirklich sehr enttäuschend, dass Minister Buschmann auf unsere Anfrage letzte Woche zugegeben hat, dass die Bundesregierung diese Indexmietverträge nicht regulieren will“. Die Linke strebt an, dieses Schlupfloch zu schließen und will Indexmietverträge verbieten.

Auch will die Linke dafür sorgen, dass der soziale und gemeinnützige Wohnungsbau wieder an Fahrt aufnimmt, um den Wohnungsmangel langfristig zu bekämpfen. „Es reicht eben nicht, 3,5 Milliarden Euro pro Jahr in den sozialen Wohnungsbau zu investieren. Wir fordern 20 Milliarden pro Jahr“, so Caren Lay. „Wer sich anschauen möchte, wie ein gemeinnütziger Wohnungsmarkt gut funktioniert, der kann sich das in Wien ansehen“, erläutert sie. Dort wurde das Prinzip der Gemeinwohlorientierung im Wohnungsbau nie aufgegeben.

„Wir brauchen dringend einen Sektor auf dem Wohnungsmarkt, der dem Prinzip der Gemeinnützigkeit folgt, und nicht dem Prinzip von Profit und Rendite“, machte Caren Lay deutlich. Mittelfristig sollen 50 Prozent der Wohnungen gemeinnützig organisiert werden. Ein Kommunalisierungsfonds der EU soll die Städte und Gemeinden finanziell dabei unterstützen, Wohnraum aufzukaufen und gemeinnützig zu bewirtschaften. Steuervergünstigungen sollen ebenfalls dafür sorgen, dass die Vermietung von Wohnraum in gemeinnützigen Modellen attraktiver wird.

Auch gegen die enorm gestiegenen Energiepreise will die Linke vorgehen. Eine Übergewinnsteuer von 90 Prozent auf Zufallsgewinne soll auf europäischer Ebene dafür sorgen, dass Energieversorger durch Preisschwankungen keine massiven Mehreinnahmen auf Kosten ihrer Kund*innen einstreichen können. Anreize für Preissteigerungen und Mitnahmeeffekte profitorientierter Versorgungsunternehmen sollen so entfallen.

Stattdessen soll es sozial gestaffelte Tarife geben, die Kleinverbraucher*innen entlasten: „Wer nur einen durchschnittlichen Energieverbrauch hat – und das sind übrigens meistens Haushalte mit geringem Einkommen – soll auch einen niedrigen Tarif bezahlen.“ Bei überdurchschnittlichem Energieverbrauch soll der Tarif entsprechend ansteigen. „Das wäre ökologisch und sozial“, so Caren Lay.

„Die Verbraucherverbände sprechen von einem Nachzahlungsschock. Damit dürfen wir die Mieterinnen und Mieter nicht alleinlassen. Wir fordern von der Bundesregierung einen Heizkosten-Notfallplan“, so Caren Lay. Dieser soll nach Willen der Linken einen Härtefallfonds und einen Kündigungsschutz für Mieter*innen enthalten. „Niemand darf jetzt seine Wohnung verlieren, weil er diese Nachzahlungen nicht mehr tätigen kann“, erklärte sie. „Wir wollen auch dafür sorgen, dass die Strom- und Gassperren für private Haushalte ausgesetzt werden.“ Für die Linke ist klar, dass der Preisanstieg bei Wohnen und Energie nicht zu sozialen Notlagen führen darf – und dass Mieten und Nebenkosten wieder bezahlbar werden müssen.