Wie die Wärmewende sozial gerecht wird.

Gegen das reaktionäre Rollback, für linke Alternativen.

„Habecks Wohnhammer – Es drohen Kosten von 1000 Milliarden Euro“. Mit dieser Schlagzeile macht die Bild-Zeitung Stimmung gegen die Pläne aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Professor Manuel Frondel, der von der Zeitung mit den großen Lettern als „Experte“ ins Feld geführt wird, betreibt einen Blog bei der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“, auf dem er anschreibt gegen gesetzliche Klimaschutzmaßnahmen (das unsichtbare Händchen des Marktes solle es schließlich regeln …), gegen ein generelles Tempolimit und das Aus für PKWs mit Verbrennungsmotor. Vor dem Ausbau der Windkraft an Land warnt der „Experte“, denn bis zu einer „Entfernung von acht Kilometern“ würden sich Windräder negativ auf die Immobilienpreise auswirken. Um zu erkennen, woher der Wind der neuesten Kampagne gegen die Wärmewende weht, muss man nicht Sherlock Holmes heißen.

Unappetitliche Melange gegen die Wärmewende

Eine unappetitliche Melange aus Union, FDP und AfD macht, sekundiert von den Springer-Medien, Front gegen die Verkehrs- und Wärmewende. Bei den Themen Elektroauto versus eFuels (also synthetisch mithilfe von Strom hergestellte Kraftstoffe), Tempolimit und Ende des Neueinbaus von Öl- und Gasheizungen knüpft sie an Vorurteile an, aber teils auch an reale Erfahrungen solcherart, wie Klimapolitik in Deutschland in der Vergangenheit gemacht wurde. Die Klimakrise ist die größte soziale Frage unserer Zeit: Sie trifft nicht alle gleich, sondern national wie global arme Menschen besonders, während die Superreichen und Konzerne sich weiter die Taschen vollmachen. Linke Antworten müssen sich also unterscheiden von einer Politik, die den Glauben hegt, dass der Markt am Ende regelt, der Ideologie, die der Kritik an Verboten und staatlichen Regelungen zugrunde liegt. Das wird offenbar in der aktuellen Debatte um die Wärmewende, um das Verbot des Neueinbaus von Öl- und Gasheizungen.

Eine soziale Wärmewende und bezahlbares Wohnen gehören zusammen!

Der sozial-ökologische Wandel unserer Gesellschaft ist eine Herausforderung, die alle Bereiche des Lebens betrifft, der verknüpft ist mit den Krisen unserer Zeit. Die Wärmewende, also die Frage, wie Häuser und Wohnungen klimaneutral werden können, kann von der LINKEN nur im Zusammenhang gesehen werden mit sozialer Ungleichheit und Mietenwahnsinn. Die reale Erfahrung vieler Mieter*innen ist, dass energetische Sanierung zur sozialen Verdrängung, zu Luxussanierungen genutzt werden. Das Verbot des Neueinbaus von Öl- und Gasheizungen und die Umrüstung auf klimafreundliche Heizsysteme erscheinen vielen als Bedrohung, auch weil sie nicht darauf vertrauen, dass rechtzeitig und in ausreichendem Maße die notwendigen Fördermittel fließen. Gerade im Osten Deutschlands stehen in den nächsten Jahren bei vielen Häusern Sanierungen und der Austausch von Heizungen an. Wo Menschen nicht über die notwendigen Mittel verfügen, die Belastungen aus eigenen Kraft zu stemmen, brauchen sie Unterstützung. Das ist nicht nur eine soziale Frage, sondern auch eine des Vertrauens in die Demokratie: Reaktionäre Kräfte versuchen, die Ängste für ihre Zwecke auszunutzen.

Das ist der Punkt, an dem linke Politik ansetzen muss: Diese realen Ängste ernst nehmen, bedeutet, sie nicht populistisch auszubeuten, für ein reaktionäres Rollback, wie es Söder, Merz, Lindner, Wissing und Co. tun. An der Seite von rechten Parteien, reaktionären Medien und fossilen Konzernen ist keine linke Politik zu machen. Eine linke Partei muss beantworten: Wie können Häuser und Wohnungen saniert, Heizungssysteme auf Erneuerbare umgestellt und das mit dem Kampf für bezahlbaren Wohnraum, gegen die soziale Misere verbunden werden?

Positionen für die soziale Wärmewende mit links

Der Vorschlag aus dem Bundeswirtschaftsministerium will, dass ab 2024 nur noch neue Heizungen installiert werden, die mindestens mit 65 Prozent mit Erneuerbaren Energien betrieben werden. Die Linksfraktion im Bundestag und die Partei DIE LINKE hingegen fordern das rasche Verbot für den Neueinbau von Öl- und Gasheizungen in Neubauten. In Bestandsbauten sind die Planungen bis 2030 mit 65 Prozent Erneuerbarer Energie richtig, inklusive entsprechender Übergangs- und Härtefallregelungen. Das Ziel ist der schrittweise Ausstieg aus fossilen Heizsystemen. Wenn die Bundesrepublik seine Klimaziele einhalten und die Versprechen des Pariser Klimaabkommens ernst meint, führt daran kein Weg vorbei, denn neben dem Verkehrsbereich, wo die FDP und Wissing bis jetzt erfolgreich die notwendige Verkehrswende ausbremsen, ist der Wärmebereich, also die Emissionen von Gebäuden, das größte Sorgenkind des deutschen Klimaschutzes.

Statt also Ressentiments zu bedienen, muss DIE LINKE aufzeigen, wie die Wärmewende sozial gerecht gemacht werden kann:

  1. Das Ziel, den Neueinbau fossiler Heizungen zu beenden und auch den Bestand schrittweise umzurüsten, ist richtig, auch wenn er deutlich zu spät kommt. Zentral wird die Frage des sozialen Ausgleichs sein: Die „Subventionen“, die von Bild und Prof. Frondel kritisiert werden, sind Unterstützungen, die in den Haushalt eingestellt werden, um den Umstieg sozial abzufedern. Diese Gelder für den sozialen Ausgleich sind begrüßenswert, die Frage ist, wie sie verteilt werden: Die Verteilung muss progressiv erfolgen, also einkommensschwache Haushalte entlasten, an der realen Bedürftigkeit orientiert sein. Bei vielen Haushalten, gerade im Osten steht der Austausch von Heizungen an, die teils schon in den 1990ern eingebaut wurden. Ein Teil hat kaum finanzielle Spielräume und ist auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Hier muss der Beweis angetreten werden, dass die Wärmewende gerecht wird, sonst ist nicht nur der soziale Zusammenhalt gefährdet, der Spalt für rechte und populistische Propaganda gegen Klimaschutz und sozial-ökologische Transformation würde größer.
  2. 60 Prozent der Haushalte in Deutschland wohnen zur Miete. Viele Wohnungen sind nicht ausreichend gedämmt, die Installation beispielsweise einer Wärmepumpe kann da nicht für sich stehen, energetische Sanierungen müssen damit einhergehen. Auch eine PV-Pflicht, wie sie DIE LINKE fordert, ist eine notwendige Maßnahme – macht die Dächer voll! Doch all das kostet Geld, neben den entsprechenden Förderungen muss auch hier die soziale Nachhaltigkeit gegeben sein. Unsere Forderung ist: Alle Maßnahmen müssen warmmietenneutral erfolgen, dürfen nicht zur „Entmietung“ und Verdrängung führen. Deshalb müssen Wärmewende und Kampf um bezahlbaren Wohnraum Hand in Hand gehen, dürfen von uns nicht gegeneinander ausgespielt werden: Vergesellschaftung großer Immobilienkonzerne, öffentlicher und sozialer Wohnungsbau, Förderung von Genossenschaften, Mietendeckel. Gutes, klimagerechtes Wohnen darf keine Frage des Geldbeutels sein.
  3. Jedes Haus, jedes Quartier, jede Gemeinde bedarf gesonderter Betrachtung. Nützlich ist hier ein Blick auf das eher kältere Skandinavien: Laut Europäischem Wärmepumpen Verband (EHPA) heizen in Norwegen 60 Prozent der Haushalte mit einer Wärmepumpe, in Schweden 43 Prozent und Finnland 41 Prozent. Der Einbau dieser hocheffizienten Heiztechnik muss auch in Deutschland das wesentliche Element zur Deckung des Restwärmebedarfs werden, ist aber nicht das Allheilmittel für jedes Haus. Es gibt gute Beispiele bundesweit von Gemeinden, die ihre Wärmeversorgung zurück in kommunale Hand gebracht und klimaneutral gemacht haben. Dafür gibt es unterschiedliche Konzepte, die Umstellung von Blockheizkraftwerken auf Bioenergien, die Ertüchtigung von Nah- und Fernwärmenetzen oder deren Neubau (und damit verbunden eine zunehmende Abwärmenutzung), thermische Solaranlagen oder das Nutzen von Potenzialen für Tiefengeothermie, wo dies möglich ist. Wärmespeicher können die notwendige Flexibilität schaffen, da Ökoenergien nicht immer ausreichend verfügbar sind, in anderen Zeiten aber Überschüsse produzieren.
  4. DIE LINKE spielt nicht mit beim Bedienen reaktionärer Ressentiments, das letztlich das Ziel hat, dass sich nichts am Bestehenden ändert. Das bedeutet, nicht die Wärmewende mit dem Schüren von Ängsten blockieren, sondern darum kämpfen, dass sie sozial gerecht wird. Das bedeutet auch, die Eigentumsfrage zu stellen: Wärmenetze in öffentliche Hand, mit der Wärme darf kein Profit gemacht werden, sie ist Teil öffentlicher Daseinsvorsorge. Übergewinne müssen abgeschöpft werden, eine wirksame Preisregulierung muss dafür sorgen, dass die notwendigen Fördermittel nicht als Profite in die Taschen der Konzerne landen, sondern wirklich die angestrebte soziale Wirkung entfalten.
  5. Mit der Wärmewende einhergehen muss der massive Ausbau Erneuerbarer Energien und von mehr Wärmesanierungen, hier wie da ist eine deutliche Beschleunigung notwendig. Die Energie- und die Wärmewende sind untrennbar verbunden. Denn auch wenn Wärmepumpen grundsätzlich effektiver als fossile Heizsysteme sind, sie arbeiten effizienter, je höher der Anteil Erneuerbarer im Strommix ist und je besser die Gebäude gedämmt sind.
  6. Neben der Position, es müsse alles bleiben, wie es ist, ist die andere, vor allem der FDP, man müsse „technologieneutral“ nur den Markt regeln lassen, der Handel mit Emissionszertifikaten oder ein immer höherer CO2-Preis würde es schon regeln. Doch den Markt regeln zu lassen hat sich in den letzten Jahrzehnten als Irrweg erwiesen, gerade im Bereich des Klimaschutzes sind reine Anreize teuer und ineffektiv, es braucht klare und sozial gerechte Regeln, aus denen sich niemand rauslaufen kann und die zu mehr anstatt weniger Gerechtigkeit führen.
  7. Ein Blick beispielsweise zu unseren nördlichen Nachbarn Dänemark ist hilfreich: Bereits 1979 wurde dort (nach der Ölkrise) mit einer kommunalen Wärmeplanung begonnen und investiert, seit 2013 gibt es das Verbot des Einbaus von Öl- und Gasheizungen in Neubauten, seit 2016 gilt es für Ölheizungen auch beim Heizungstausch bestehenden Gebäuden, wenn in denen Fernwärme oder Erdgas verfügbar ist. Der Anteil erneuerbarer Wärme liegt dort mittlerweile bei über 40 Prozent, in der Fernwärme bei über 50 Prozent. Ein Grund auch: Es gibt das Verbot, mit der Wärme Profit zu machen, Gewinne müssen in die Ertüchtigung der Netze reinvestiert oder an die Verbraucher*innen ausgeschüttet werden. Das lässt sich nicht 1:1 auf Deutschland übertragen, weil die Bundesrepublik bis jetzt geschlafen hat, aber gerade das Verbot der Gewinne hat einen gewissen Charme auch für linke Konzepte.
  8. Notwendig ist eine Ausbildungsoffensive für Wärmepumpen und andere regenerative Heizsysteme sowie die zusätzliche Ausbildung von unabhängigen Energieberater*innen, die zielgenau unterstützen können, bei welchen Gebäuden welche Maßnahmen notwendig und zielführend sind. Dafür sollte ein Bundesprogramm aufgelegt werden. Wie die Energiewende ist auch die Wärmewende ein Jobmotor beim notwendigen sozial-ökologischen Umbau unserer Gesellschaft.

Zum Weiterlesen:

Aktionsplan Klimagerechtigkeit der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag (Abschnitt 4.4. ab Seite 64 zu Gebäuden und Wärme):

https://www.linksfraktion.de/themen/dossiers/klimagerechtigkeit/ (Link zum Download)

Aktuelle Studie Rosa-Luxemburg-Stiftung und Öko-Insitut: „Mehrfamilienhäuser: Der blinde Fleck der sozialen Wärmewende. Wie belastet sind Haushalte durch Wärmeenergiekosten und wie wirkt die Gas- und Wärmepreisbremse?“

https://www.rosalux.de/publikation/id/50137/mehrfamilienhaeuser-der-blinde-fleck-der-sozialen-waermewende

„Was allerdings in dem geleakten Gesetzesentwurf noch fehlt, ist eine zielgerichtete soziale Flankierung dieser Vorgaben abseits des Gießkannenprinzips. Sprich: Menschen, die nicht über große Einkommen verfügen, müssen dabei unterstützt werden, ihre Heizungen fristgerecht zu tauschen. Das ist entscheidend für das Gelingen der Vorgabe.“

https://blog.wwf.de/gas-oel-heizung-verbot/

Umfassendes Hintergrundpapier des BMWK zur Wärmewende (252 Seiten), zum Stand, Ziel und möglichen Maßnahmen, wie Klimaneutralität bei Gebäuden bis 2045 erreicht werden kann:

https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Publikationen/Klimaschutz/gebaeudestrategie-klimaneutralitaet-2045.html