Der Cum-Ex Kanzler

Fällt Olaf Scholz über die CumEx-Affäre? Was besprach der heutige Bundeskanzler mit dem Mit-Eigentümer der Warburg Bank, Christian Olearius?

Fällt Olaf Scholz über die CumEx-Affäre? Was besprach der heutige Bundeskanzler mit dem Mit-Eigentümer der Warburg Bank Christian Olearius?

Cum-Ex Aktiendeals sind organisierte Kriminalität. Banken oder Fonds haben unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Erstattung der Kapitalertragssteuer, die auf Dividenden (Gewinnbeteiligung) fällig wird. Hierdurch soll eine doppelte Besteuerung vermieden werden, etwa weil die Gewinne bereits im Ausland besteuert wurden. 

Beim Cum-Ex Aktien-Karussell verschieben Investoren Aktien rund um den Dividendenstichtag, wenn die Ausschüttung der Gewinne an Aktionäre erfolgt, um sich hiernach mehrfach Kapitalertragssteuern erstatten zu lassen, die sie nicht bezahlt haben.  

Warum geht es bei Cum-Ex? Das ist so, als wenn ich eine Flasche Bier im Supermarkt abgebe, den Pfandbon kopiere und meine Freunde zur Supermarktkasse schicke, um mehrfach abzukassieren. Mit dem Unterschied, dass es um Milliarden geht. 

Cum-Ex ist so, als wenn ich eine Flasche Bier im Supermarkt abgebe, den Pfandbon kopiere und meine Freunde zur Supermarktkasse schicke, um mehrfach abzukassieren. Mit dem Unterschied, dass es um Milliarden geht. 

Viele Jahre blieb die Gesetzeslücke zu Cum-Ex-Geschäften offen und wurde sogar durch ein Schlupfloch unter Einfluss der Bankenlobby verlängert. Bis heute gibt es ähnliche Gestaltungen, da die Finanzverwaltung nicht befähigt wurde, Erstattungsanträge und tatsächlich bezahlte Kapitalertragssteuern abzugleichen. Dadurch ließe sich der Steuerbetrug wirksam bekämpfen!  

Cum-Ex-Mafia und mit besten Politik-Kontakten

Diese Geschäfte holen nun die Politik ein. Im Mittelpunkt stehen dabei die Erinnerungslücken des Bundeskanzlers Olaf Scholz. Aber es gab auch Verbindungen weiterer Politiker zur Cum-Ex-Mafia gab. So pflegte der Cum-Ex-Architekt Hanno Berger, der zurzeit in Bonn und Wiesbaden vor Gericht steht und von der Schweiz ausgeliefert wurde, enge Kontakte zur FDP. Der Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) war gar sein Anwalt. Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz saß wiederum in Verwaltungs- und Aufsichtsräten von Banken, bei denen später wegen Cum-Ex ermittelt wurde bzw. sogar eine Razzia stattfand. 

Bei der Warburg Affäre geht es um Treffen zwischen dem damaligen Ersten Bürgermeister Hamburgs und aktuellen Bundeskanzler, Olaf Scholz, sowie dem damaligen Mit-Eigentümer der Warburg Bank, Christian Olearius. Zum Zeitpunkt der Treffen von Scholz mit dem Cum-Ex-Bankier hatte bereits eine Razzia bei der Warburg Bank stattgefunden und Olearius wurde als Beschuldigter in Cum-Ex-Ermittlungen geführt. 

Eine Finanzbeamtin, Daniela P., hatte laut den beschlagnahmten Tagebüchern des Bankiers Olearius diesem geraten, sich an die Politik zu wenden, da sie die Cum-Ex-Tatbeute rückfordern müsse, nach dem Finanzgerichte anfingen, die Cum-Ex-Geschäfte zu durchschauen. P. schrieb zunächst ein umfangreiches Gutachten, das die Einziehung der Tatbeute vorsah. 

Olearius kontaktierte daraufhin unter anderem den damaligen Hamburger SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs, in dessen Schließfach Ermittler kürzlich 200 000 Euro Bargeld fanden. Kahrs sollte Scholz ausweislich der Tagebücher inhaltlich auf das Anliegen der Warburg Bank vorbereiten. Später sammelte Kahrs Parteispenden der Warburg Bank bzw. von Olearius ein, die bis heute nicht von der SPD zurückgezahlt wurden. 

Ein Schreiben findet seinen Weg

Scholz nahm von Olearius ein Schreiben der Warburg Bank entgegen. Das Schreiben richtete sich gegen die Steuerforderung und lag ersichtlich im Finanzamt bereits vor. Scholz rief Olearius etwa zwei Wochen später an, und forderte ihn auf, das Schreiben „ohne weitere Kommentare“ an den damaligen Finanzsenator und heutigen Ersten Bürgermeister Hamburgs, Peter Tschentscher, weiterzuleiten.   

Kurz nachdem Tschentscherdas Schreiben herunterreichte kippte die Entscheidung, die Tatbeute einzuziehen.

Tschentscher reichte das Schreiben mit Anmerkungen in die Finanzverwaltung herunter. Kurz danach kippte die Entscheidung, die Tatbeute einzuziehen. Die Betriebsprüfer der Bank liefen gegen diese Entscheidung Sturm. 

Olaf Scholz ist der beste Kronzeuge einer politischen Einflussnahme: Er hat gegenüber dem Enthüllungsjournalisten Oliver Schröm mitgeteilt, dass er das Schreiben ja bewusst nicht in die Finanzverwaltung gereicht hätte, da die Weiterleitung eines solchen Schreibens durch ihn als Politiker als politische Einflussnahme auf ein Steuerverfahren gewertet werden könne. Genau das hat aber Peter Tschentscher nachweislich getan. 

Ein teuflischer Plan

Mittlerweile wurden WhatsApp Nachrichten der Finanzbeamtin Daniela P. bekannt, wonach ihr „teuflischer Plan“ aufgegangen und Vorgesetzte mit ihr zufrieden seien. Die Finanzbeamtin wurde vom Kanzleramtschef von Olaf Scholz, Wolfgang Schmidt, immer wieder als Entlastungszeugin für Scholz angeführt. 

47 Millionen Euro liefen 2016 in die steuerliche Verjährung. 2017 drohten 43 Millionen Euro zum Nachteil der Stadt zu verjähren. 2017 schritt aber das Bundesfinanzministerium ein und erteilte eine Weisung zum Einzug der Tatbeute.  

Die Finanzbehörde – das Hamburger Finanzministerium - versuchte sich zu wehren und argumentierte, der Bank drohe bei Einzug der Tatbeute wirtschaftlicher Schaden: Das ist so, wie wenn ein Bankräuber gefasst wird, und sagt: „Ich kann meine Beute nicht rausrücken, sonst bin ich bankrott!“ Auch hätte die Warburg Bank eine Teilsumme zahlen können und der Rest wäre vor Gericht geklärt worden. Das ist ein gängiges Verfahren bei komplizierten Steuerfällen. Zumal die Warburg Bank mittlerweile bezahlt hat und nicht in die Insolvenz rutschte. Denn Pfeffersack Olearius haftetet auch mit seinem privaten Vermögen. Die steuerlich verjährte Tatbeute konnte später doch noch gesichert werden, weil ein Gericht und später auch der Bundestag die Einziehung von steuerlich verjährter Tatbeute in einem Strafprozess ermöglichten. Das war damals aber noch nicht absehbar.  

Die Erinnerungslücken des Olaf Scholz

Scholz traf sich insgesamt dreimal mit Olearius. Das letzte Mal am Tag, als die Weisung des Finanzministeriums in Hamburg per Post eintraf. Auf eine Anfrage der Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft zu Treffen von Mitgliedern des Senats mit Vertretern der Warburg Bank zu Cum-Ex antwortete der Hamburger Senat zunächst, es habe keine solchen Treffen gegeben. 2020 veröffentlichten Enthüllungsjournalisten jedoch einen Tagebucheintrag von Olearius über ein Treffen zwischen Scholz und ihm.  

Olaf behauptete, es gäbe da nichts. Es kam zu einer weiteren Vernehmung in geheimer Sitzung im Juli, da Scholz sich auf das Steuergeheimnis berief.

Ich beantragte später drei Befragungen von Olaf Scholz im Bundestag. Meine erste Frage an den Bundeskanzler im Bundestag am 4. März 2020 lautete: „Herr Scholz, haben Sie sich weitere Male mit Herrn Olearius getroffen?“ Er behauptete, es gäbe da nichts. Es kam zu einer weiteren Vernehmung in geheimer Sitzung im Juli, da Scholz sich auf das Steuergeheimnis berief. Danach wurden zwei weitere Treffen zwischen Scholz und Olearius bekannt. Erst in der dritten Sitzung im September 2020 räumte er die weiteren Treffen ein und berief sich auf Erinnerungslücken.  

Mittlerweile gibt es dazu einen Untersuchungsausschuss in der Hamburger Bürgerschaft. Scholz wird dort am 19. August ein zweites Mal vernommen. Es wurde zudem bekannt, dass mindestens ein Treffen von Scholz mit dem Cum Ex Bankier nachträglich aus dem Kalender von Scholz gelöscht wurde und die Finanzbeamtin die Verjährung der Tatbeute als teuflischen Plan würdigte. Die Luft für den Bundeskanzler wird zunehmend dünner. Wer davon profitiert, steht auf einem anderen Blatt.