Kommentar

Der Impfstoff, den die Pharmalobby nicht wollte

Patentfreie Medikamente gefährden Profite

Deutschland steht vor der dritten Corona-Welle, warnt das Robert-Koch-Institut. Doch die Impfkampagne stockt. Es fehlt an Impfstoff. Biontech kommt mit der Produktion nicht hinterher, Astra-Zeneca liefert weniger, als vereinbart und ob der nun zugelassene Impfstoff von Johnson&Johnson schnell verfügbar sein wird, darf bezweifelt werden. Impfstoff ist knapp, auch weil die Pharma-Konzerne eifersüchtig über ihre Patente wachen. Deshalb fordert DIE LINKE seit Monaten: „Gebt die Impfpatente frei!“. Die Pharmalobby tut das als linke Spinnerei ab. Dabei hatten finnische Forscher bereits im Mai 2020 einen patentfreien Covid-19-Impfstoff entwickelt, wie das „Jacobin Magazin“ nun berichtet. Zum Artikel Demnach basierte die Entwicklung „auf öffentlich zugänglichen Forschungsdaten und auf dem Prinzip, alle neuen Erkenntnisse in Fachzeitschriften zu veröffentlichen“, so die Autor:innen. Der Stoff war als Nasenspray entwickelt worden und konnte einfach im Kühlschrank gelagert werden. Man hätte also keine gigantischen Impfzentren mit teurer Infrastruktur aus dem Boden stampfen müssen.

Entwickelt von Finnlands führenden Expert:innen

Klingt abgefahren? Ist es aber nicht. Der Impfstoff wurde nicht von durchgeknallten Bio-Hackern entwickelt, sondern von Finnlands führenden Experten, darunter waren der ehemalige Präsident der Europäischen Gesellschaft für Gen- und Zelltherapie sowie ein assoziiertes Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften der USA. Doch warum warten wir bis heute vergeblich auf den patenfreien Impfstoff aus Finnland?

Letztendlich konnten die finalen Phase-III-Tests nicht durchgeführt werden. Für diese Tests mit Probanden fehlte das Geld. Keine Milliardensumme, sondern ganze 40 Millionen Euro! Zum Vergleich: Allein das Mainzer Unternehmen Biontech erhielt 375 Millionen Euro "Förderung" vom Bund. Die Mainzer kooperieren bekanntlich mit dem US-Konzern Pfizer. Marktanalysten der Investmentbank Morgan Stanley erwarten, dass Pfizer und Biontech in diesem Jahr „etwa 13 Milliarden US-Dollar an Umsatz mit dem neuen Impfstoff generieren“, meldete das ZDF. Allein diese Summe erklärt, warum sich niemand für den Impfstoff aus Finnland interessierte. Ein preiswerter, einfach zu produzierender und dazu patentfreier Impfstoff ist der Alptraum der Pharmalobby.

Der Markt regelt nichts

Diese traurige Geschichte aus dem hohen Norden zeigt wieder einmal: Der Markt regelt nichts. Der Markt schützt und schafft Monopole. Ein weiteres Beispiel gefällig? Als 1971 die Preisbindung für Drogerieartikel in Deutschland aufgehoben wurde, gab es in Westdeutschland noch Tausende von unabhängigen, familiengeführten Drogerien. Wertschöpfung vor Ort inklusive. Danach überließ man die Branche dem freien Markt. "Große Läden mit entsprechender Einkaufsmacht konnten die Preise drücken und die kleinere Konkurrenz ausbooten", schrieb die "Wirtschaftswoche" später. Das Ergebnis: Heute gibt es nur noch zwei große Monopolisten, die ihren Beitrag zur Monotonie deutscher Innenstädte leisten und Millionen scheffeln mit dem Verkauf von Masken, Desinfektionsmitteln und neuerdings auch Schnelltests. 

Die US-Amerikaner übrigens, die ja als Gralshüter des freien Marktes gelten, verlassen sich nicht auf diesen, sondern nutzen in der Corona-Krise ein Gesetz aus dem Jahre 1950. Dieser "Defense Production Act" erlaubt es der Regierung, private Firmen zu zwingen, bestimmte Güter zu liefern, selbst wenn dabei Verluste gemacht werden. Das Gesetz zeigt Wirkung: In den USA werden zwei Millionen Impfungen verabreicht – pro Tag! Und die Bundesrepublik? Verlässt sich lieber auf den freien Markt und glaubt den Beteuerungen der Pharma-Konzerne. Die Konsequenz dieses Staatsversagens erleben wir tagtäglich. Viele haben das bereits mit ihrem Leben bezahlt. Viele weitere werden noch sterben, weil wir dem Markt vertrauen.