Kommunalpolitik

Kommunen in der Schuldenfalle

Schlaglöcher und Schulden

Die Corona-Krise hat schonungslos den desaströsen Zustand vieler kommunaler Haushalte offengelegt. Das gilt vor allem für Kommunen in Nordrhein-Westfalen, im Saarland, in Rheinland-Pfalz und Hessen. Den Kommunen in der Bundesrepublik werden voraussichtlich im Jahre 2020 knapp 16 Milliarden Euro an Steuereinnahmen fehlen. Ein Viertel ihrer Gewerbesteuern, aber auch Anteile an ihrer Einkommenssteuer. Die Umsatzverluste der Unternehmen beispielsweise in NRW betragen 20 Prozent, im April haben zwischen Rhein und Ruhr schon 11 800 Unternehmen Kurzarbeit angemeldet. Neben den Steuereinnahmen sind für Kommunen Gebühren und Entgelte von Bedeutung, die häufig wegfielen, weil Schwimmbäder, Musikschulen oder Kindergärten schließen mussten. Beim Öffentlichen Nahverkehr wurde das Angebot gekürzt oder lag ganz still. Im Ergebnis fehlten allein in NRW in diesem Bereich 9 Milliarden Euro an Einnahmen! Die Gesamtschulden (Altschulden) werden jetzt allein im Ruhrgebiet auf 14,5 Milliarden Euro beziffert. Im gesamten Bundesgebiet sind es 45 Milliarden Euro. Diese Altschulden der Kommunen sind Kassenkredite, Schulden gegenüber der Sozialversicherung und Schulden bei den Ländern und dem Bund. Kassenkredite sind quasi Dispokredite der Kommunen, also kurzfristige Liquiditätskredite bei Sparkassen und Banken.

Mehr Solidarität ist nötig

Die Frage ist, wie es manchen Kommunen gelingen soll, den laufenden Betrieb weiterzuführen? Bisher war es Kommunen laut Haushaltsrecht nicht erlaubt, Liquiditätskredite für absehbare Haushaltsdefizite einzusetzen, sondern nur in kurzfristigen Ausnahmefällen. Deswegen waren sie bisher gezwungen, gegen Krisen anzusparen. Die Finanzkrise 2008 wurde übrigens dazu genutzt, den Kommunen ein striktes Sparprogramm vorzuschreiben. Personalabbau, Einschränkung kommunaler Dienstleistungen und der Verkauf öffentlichen Eigentums waren schon länger an der Tagesordnung, ohne dass es gelang, die Altschulden abzubauen. Mit der Corona-Krise hat allerdings die Sparpolitik ein vorläufiges Ende gefunden. Dringende Investitionen, die schon lange unterlassen wurden, müssten nun getätigt werden, wenn die Krise nicht weiter verschärft werden soll. Auch und gerade von Kommunen wurden deshalb finanzielle Rettungsschirme gefordert. Das hat auch Finanzminister Scholz, sonst Propagandist der “Schwarzen Null“, begriffen. Er schlug einen Rettungsschirm von 57 Milliarden Euro vor, um die Altschulden von 2000 Kommunen zu übernehmen. Es sollte eine einmalige Entlastung der Kommunen sein. Der Maßstab sollte die Höhe ihrer Kassenkredite sein.

Widerstand der reichen Kommunen

Da regte sich jedoch Widerstand in der Union, insbesondere in Bayern, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein. Unsolidarischer geht es nicht, schließlich haben diese Länder und ihre Kommunen ein geringeres Schuldenproblem als zum Beispiel NRW. Das ist nicht unbedingt auf ihr solides Haushalten zurückzuführen. Vielmehr haben die Kommunen dort eine günstigere Wirtschaftsstruktur aufzuweisen. Es gilt die Faustformel: Je mehr florierende Unternehmen, desto mehr Gewerbesteuern für die Kommune. Es bleibt abzuwarten, ob es gelingt, eine größere Solidarität zwischen den Bundesländern zu erreichen. Klar ist auf jeden Fall, dass die Schuldenübernahme durch den Bund und die Länder für viele Kommunen notwendig ist, wenn die Krise nicht verschärft und ihre strukturellen Probleme endlich gelöst werden sollen. Das heißt aber auch, dass es nicht allein darauf ankommt, kurzfristig Altschulden zu übernehmen. Auch die Wirtschaftsstrukturen vieler Kommunen müssen sich verändern. Zudem muss die Verteilung der Steuern zwischen Bund, Ländern und Gemeinden endlich neu geregelt werden!