Heißer Herbst

Schluss mit Teuer: 5.000 demonstrieren in Leipzig

Vereint in Leipzig für bezahlbare Energie, gegen die Gasumlage und für die Einführung einer Übergewinnsteuer.

Vor der Leipziger Oper wehen rote Fahnen mit dem DIE LINKE-Logo und Gregor Gysi ruft auf den mit knapp 5.000 Menschen gefüllten Platz: „Ich freue mich, dass meine Partei noch solche Demonstrationen organisieren kann.“ Wir haben es vollbracht, der heiße Herbst unserer Partei ist mit einer kraftvollen und lauten Demo eingeläutet. Die tolle Kulisse von Leipzig gibt Kraft und Mut, sie hat bewiesen: Gemeinsam können wir viel bewegen. Das Gemeinsame lässt sich bereits an den RednerInnen ablesen. Vorgestern standen der Leipziger Bundestagsabgeordnete und Anmelder der Demonstration in Leipzig, Sören Pellmann, und Martin Schirdewan in Erfurt noch auf einem Wahlzettel für den Parteivorsitz. Heute begrüßt Sören den neuen Parteivorsitzenden Martin mit den Worten: „In Erfurt noch nebeneinander, heute in Leipzig miteinander“. Sportlich verwertet unser Parteivorsitzender diesen Steilpass und räumt mit der Chaos-Krisenpolitik der Ampelregierung ab. Die neue Geschlossenheit wird komplettiert durch die Co-Vorsitzende der LINKE-Bundestagsfraktion, Amira Mohamed Ali und in puncto Parteiprominenz durch den Hauptredner des Abends, Gregor Gysi, vollmundig abgerundet. Wann haben wir es außerhalb von Wahlkämpfen in jüngerer Vergangenheit vermocht, so einmütig auf einer Veranstaltung für unsere gemeinsame Sache zu streiten? Dieses Bild, dieses Verständnis muss unser einender Faden für den harten politischen Kampf der Zukunft sein: Schluss mit den internen Reibereien! Wir sind aktionsfähig! Wir können mobilisieren! Wir können die Republik bewegen! Wir werden gebraucht – gerade jetzt!

Dabei schreiten wir nicht nur innerhalb der Partei Seit an Seit, sondern im Verbund mit vielen MitstreiterInnen. Auf der Bühne sprachen VertreterInnen von Arbeitskämpfen, von MieterInnen-Initiativen, außerparlamentarischen Organisationen und unserem Studierendenverband SDS. In den Tagen vor der Demo stapelten sich die Anfragen für Redebeiträge, selbst während der Kundgebung wurden noch Redewünsche laut. Wohl gemerkt, bei einer Veranstaltung der Linksfraktion unter Anmeldung von Sören Pellmann. Unsere Partei ist durchaus in der Lage, mit großem Selbstbewusstsein eigene Veranstaltungen zu planen und durchzuführen. Das ist die große und motivierende Erkenntnis aus Leipzig vom 5. September. Diesen Schwung gilt es mitzunehmen!

Die gesamte Vorbereitung wurde in drei Wochen bewältigt und war von Anfang an eng abgestimmt zwischen der Bundestagsfraktion, dem Karl-Liebknecht-Haus und dem Liebknecht-Haus sowie der sächsischen Landesebene. Begleitet von einem außergewöhnlich großen Presseecho und diversen teils kontroversen „Twitter-Debatten“ haben wir den meisten Wünschen entsprechen können. Klare Statements gegen die Energie- und Inflationskrise, eine starker Bezug auf Beschlusslagen und klare Kante gegen Rechts, das waren die zentralen Wünsche. Im Vorfeld wurden vielmals Sorgen über „die Bilder“, welche eine angebliche „Unterwanderung“ oder „Vereinnahmung“ von Neonazis produzieren könnten, artikuliert. Viele haben dabei mitgeholfen, dass diese Befürchtungen nicht eingetreten sind. Gemeinsam mit dem SDS und außerparlamentarischen Gruppen, die sogar eine antifaschistische „Zubringer-Demo“ zu uns organisierten, wurde ein striktes OrdnerInnen-Konzept umgesetzt. Große Präsenz unsererseits, klare Statements von der Bühne und eine freundliche, aber klare Ansprache der OrdnerInnen waren der Schlüssel zum Erfolg.

War der Montagstermin ein Fehler? Ganz gewiss nicht. Zunächst hat er dafür gesorgt, dass wir die mediale Aufmerksamkeitsschwelle überschritten haben. Dann war der inhaltliche Bezug durch den Ostbeauftragen Sören Pellmann sehr klar kommuniziert: „Wir brauchen neue Montagsdemos im Osten wie damals gegen Hartz IV.“ Dass sich das in der weiteren medialen Kommunikation verselbstständigt hat, liegt in der medialen Natur der Sache. Vielleicht waren viele von der Dynamik dieses Satzes überrumpelt. Es blieb aber festzustellen, dass gerade auch im außerparlamentarischen, linken Spektrum von Leipzig die Einsicht überwog, dass wir den Montag nicht kampflos den Nazis überlassen - weder inhaltlich bezogen auf den sozialen Protest, noch in der Aktionsform mittels Demonstrationen. Sehr wahrscheinlich hat die Berichterstattung vor der Demonstration am 5. September demobilisierende Wirkung bei betroffenen bürgerlichen Schichten gehabt. Umso wichtiger war der tatsächliche Verlauf. Die – von einigen – befürchteten negativen Demo-Bilder von uns gab es nicht. Leider sind demonstrierende Nazis Alltag, selbst in einer Stadt wie Leipzig. Daraus muss nunmehr folgen, dass wir die Nazis nicht nur blockieren, sondern selbst politische Angebote setzen, welche die berechtigte Empörung der Bevölkerung aufgreifen. Die beste Aktionsform bleibt: gemeinsamer, sozialer und antifaschistischer Protest. Bei Antifa-Aktionen bauten wir in der Vergangenheit auf breite Bündnisse inklusive SPD und Grüne. Jetzt gehen wir aber gegen ihre Politik auf die Straße. Dass wir da keine Blumensträuße ernten werden, war doch klar: Zahlreiche VertreterInnen und FreundInnen der Ampel sprachen und sprechen dem von ihnen gefürchteten Sozialprotest die Berechtigung ab, indem sie ihn sprachlich in die Nähe der extremen Rechten rücken. Es bleibt unsere Herausforderung, uns dieser durchschaubaren Strategie in Wort und Tat zu widersetzen – auch indem wir weitere kraftvolle Aktionen organisieren, am besten an jedem Wochentag.

Wie geht es jetzt in Leipzig weiter? Wir werden zügig mit den UnterstützerInnen der 5.9.-Demo sprechen und weitere Formate abstimmen. Weitere Bündnisse sind am Entstehen, die Leipziger LINKE ist in diese involviert und wird sie aktiv begleiten.

Zum Schluss: Vielen, vielen Dank an alle, die zum Gelingen der Veranstaltung beigetragen haben. Bei allem Stress hat es Spaß gemacht und Motivation gebracht. Mit diesem Rückenwind geht es weiter – wir brauchen im „heißen Herbst“ einen langen Atem.