Bittere Sportgeschichte

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Die Idee zu seinem neuen Film sei ihm im Supermarkt gekommen: „Als Wäscheverantwortlicher unserer Familie war ich auf der Suche nach einem möglichst großen Karton Waschpulver“, sagt Torsten Körner, Regisseur des Dokumentarfilms "Schwarze Adler". Dabei sei er auf einen XXL-„Persil“-Karton gestoßen, ein Waschmittel, „das zum kollektiven Erinnerungs- und Hygieneschatz der Deutschen gehört“.

Auf der Pappe prangte die Abbildung eines Mannes im Trikot der deutschen Fußballnationalmannschaft, das Pulver war also weltmeistertauglich. Schwarzer Bundesadler, weißer Hüne, tiefenrein: Das vermittelte Bild sollte für Sauberkeit stehen, als Synonym gebraucht für Weißheit. Ein Motiv, prägend in Deutschland für eine lange Nachkriegszeit.

Wie weiß ist die Nationalmannschaft?

Dass es viele Spieler in den Nationalmannschaften und Ligen gab, die nicht dem farblosen Reinheitsgebot entsprachen, ist Thema dieses besonderen Dokumentarfilms. Er lässt People-of-Color-Bundesligaspieler und -spielerinnen ausgiebig zu Wort kommen, die zwar gut genug waren, Erfolge zu garantieren, aber immer wieder auf ihre Hautfarbe reduziert wurden. Erwin Kostedde war der erste im deutschnationalen Trikot, und seine Geschichte hört sich nicht gut an. Er wurde ausgepfiffen, rassistisch diffamiert. Kostedde konnte damit nie gut umgehen - aber sollte er das? Geht es an dieser Stelle um individuelle Stressresistenz? Steffie Jones und Shary Reeves schildern die Ereignisse aus der Sicht der Frauen im Sport. Da kommt manchmal noch was obendrauf.

Andere schlugen sich vermeintlich vorteilhafter, etwa Jimmy Hartwig oder gar Tony Baffoe, dessen Entgegnung auf die sprachliche Entgleisung eines Fußball-Fans legendär wurde: „Du kannst auf meiner Plantage arbeiten.“ Die große Klappe kam gut an, gerade bei jenen Fans, die zu rassistischen Ausfällen neigten. Wer sich schlagfertig wehren konnte, der hatte womöglich bessere Karten. Für eher introvertierte Menschen wie Kostedde aber war das keine Lösung. Der verlegte sich aufs erfolgreiche Fußball spielen, nicht zuletzt in Belgien.

Fürs Selbstbewusstsein der Spieler stand und steht die deutsche Nationalmannschaft, wie die Protagonisten in diesem Film betonen. Eine Berufung hatte für die Spieler noch einmal eine andere Bedeutung. Anerkennung, Integration, Zusammengehörigkeit in einem auf Ablehnung eingestellten Ambiente.

Heute ist es oft anders, aber Diffamierung kann viele Gestalten annehmen, rassistische Beleidigungen setzen den farbigen Spielern in vielen Ligen immer wieder zu. Erstaunlich ist an diesem Film, der Jahrzehnte bundesdeutscher Sportgeschichte aufarbeitet, auch dass er erst jetzt kommt. Das macht ihn umso wichtiger. Ein sehr sehenswertes Werk.

Schwarze Adler“. D 2021. Regie: Torsten Körner. Der Film ist bei Prime Video abrufbar und in der Mediathek des ZDF.