Rotes Kino

Experiment Sozialismus

EXPERIMENT SOZIALISMUS | Trailer deutsch german [HD]
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Regisseurin Jana Kaesdorf ist in Sachsen-Anhalt aufgewachsen, vom Mauerfall und der Zeit davor hat sie nur als Kind etwas mitbekommen. Drei Jahrzehnte später will sie wissen, wie es ist, in einem sozialistischen System zu leben. Samt Kamerateam reist sie nach Kuba, das seit dem Zusammenbruch der Wirtschaftsbeziehungen mit der Sowjetunion und anderen sozialistischen Staaten erhebliche ökonomische Schwierigkeiten hat. Mit Reformen, den „Lineamientos“, versucht die Regierung eine wirtschaftliche Liberalisierung hinzukriegen, ohne dass das Land vollends vom Kapitalismus aufgesogen wird.

Kaesdorf begleitet den als Kind in die USA emigrierten Arsenio Morello in sein Heimatdorf. Der interviewt, die Kamera immer vorneweg, Einwohner Kubas: Von der Redakteurin der Zeitung „Granma“, Nuria Barbosa Leon, über den Ökonomen Omar Everleny Pérez Villanueva und den Historiker Felipe De Jesús Pérez Cruz bis hin zu Landwirten wie dem Reisbauern René, die die neuen Maßnahmen bewerten. Selbstständigkeit soll den Fortschritt ins starre Wirtschaftssystem bringen, denn die Regierung kann die Lohnkosten der allumfassenden Planwirtschaft, in der auch Kellner beim Staat angestellt sind, oft nicht mehr aufbringen. Die Wirtschaftsblockade der USA tut ihr Übriges, um das Überleben auf der Insel beschwerlich zu machen.

Leider ist der Kommentar Morellos bisweilen zynisch und reißerisch eingefärbt, oft macht er sich lustig über die Versuche, etwa die Landwirtschaft behutsam zu reformieren. Eine überbordende Filmmusik bringt zudem eine exotistische Note in den Film - „schaut, wie arm die Menschen sind, aber feiern können sie“.

Den überlegten Kommentaren der Interviewpartner läuft das ziemlich konträr: Sie stehen einerseits vor den Problemen von Mangelwirtschaft und ausufernder Bürokratie und wollen andererseits den Anspruch Kubas auf Autonomie gewährleisten. Denn eines steht für die Kubaner offenkundig fest: Sie haben keine Lust auf das Ausbeutertum einer neuen bürgerlichen Klasse. Mit dem Thema sind sie durch, das bestätigen die Gespräche. Zuerst Spanien und dann die USA hatten den Inselstaat bis zur Revolution 1959 ausgenommen und am Schluss zum Spielkasino der US-amerikanischen Oberschicht bzw. Kriminellenkaste gemacht. Oft genug gab es beides auch in Personalunion.

Kubas Einwohner versuchen sich nun an verschiedenen Genossenschaftsmodellen, insgesamt praktizieren sie ein spannendes Experiment mit dem Kollektivgedanken. All das, die Schritte auf dem eigenen Weg gibt, es bei Kaesdorf dann wieder zu besichtigen - und bis auf die genannten Einschränkungen ist dies dann auch ein hochinteressanter und sehenswerter Dokumentarfilm mit tollen Leuten und wunderschönen Ansichten des Landes.

 

Kinostart 27. August