Körper verkaufen
In „The Smashing Machine“ kommt Dwayne „The Rock“ Johnson sprichwörtlich auf dem Boden des Kapitalismus an.
Kino mit „Auf die Fresse“-Faktor bietet „The Smashing Machine“ mit Hollywood-Superstar Dwayne Johnson wohl ganz sprichwörtlich. Johnson mimt den Pionier der Mixed Martial Arts, Mark Kerr, der Ende der 1990er Jahre zu den ersten Größen dieser damals noch im Nischensegment angesiedelten Sportart aufsteigt.
Eine Sportler-Biografie der herkömmlichen Art sucht man hier vergebens: Der Film ist analog auf 16 Millimeter gedreht, also nicht nur wegen seiner sonstigen Machart eher ein „kleiner“ Film, sondern auch vom Format her.
Optisch an „Taxi Driver“ und „The Wrestler“ erinnernd, setzt Regisseur Benny Safdie die Muskelberge Johnsons völlig ungewohnt in Szene. Man erkennt den Action-Star in der Kerr-Maske kaum wieder; ein Kleinbürger mit Eichenfurnier-Einbauküche, der für seinen Job an der Nadel hängt. Früh ist er Opioid-abhängig, was dem Film sehr viel Aktualität verleiht, ist doch mittlerweile gefühlt die halbe US-amerikanische Bevölkerung von Schmerzmitteln krank.
Der ehemalige, zwar erfolgreiche aber nie als Top-Ringer auftretende Kerr – der Olympia-Sieg blieb ihm verwehrt -, der in den damals neuen Sport wechselt, hat zwar harte Hände, aber eine sehr weiche Seele. Oft sitzt er verloren herum, abgekämpft, zerschlagen, obwohl seine Gegner allesamt nicht so aussehen, als könnten sie ihm irgendwas zu Leide tun.
Die Technik machts: Mixed Martial Arts erscheint hier als der Versuch geschäftstüchtiger Kampfsportliebhaber, Ringer, Boxer und andere Sportarten gegeneinander antreten zu lassen. Das Genre steckt noch in den Anfängen, so auch seine Protagonisten. Kerr geht nicht nur ungeplant auf die Matte („Verlieren kann ich mir nicht mal vorstellen“), er verhandelt auch noch selbst seinen Preis.
Es gehört zu den stärksten Momenten des Films, wenn der ungemein aufgepumpte Kämpfer mit schlanken japanischen Wettkampf-Organisatoren über sein Antrittsgeld in einer Höhe verhandelt, den ein Call Girl vielleicht für eine Nacht verlangen würde. Hier wird deutlich: Da redet ein Prostituierter mit seinen Freiern.
Diese totale Durchkapitalisierung des Menschen und seines Körpers – ganz bildlich tritt er mit nichts als einem lächerlich knappen Slip zum Kampf an, kann sich auch nichts anderes vorstellen – überträgt sich auch auf die Beziehung zu seiner Frau Dawn, gespielt von Emily Blunt. Die beiden kämpfen miteinander, sind beide Substanzen zugetan, wissen nicht, was sie vom Leben wollen können: Kerr kann Dawn kaum in seine Welt mitnehmen und versteht ihre Bedürfnisse nicht, die sie für sich auch nicht einmal genau definieren kann. Ein Kind wünscht sie sich schon, aber Kerr kämpft mit dem Opioid-Entzug, fühlt sich dafür nicht bereit, ist zu viel unterwegs – „Ich mache das alles für unser schönes Zuhause“. Was nützt aber ein Zuhause, das nicht stattfindet?
Und Dawn? Hängt zusehends an Flasche und Pillen. Dem Film fehlen ein paar Ebenen, etwa eine politische: Die Geschäftswelt hinter dem Profisport bleibt in weiten Teilen gesichtslos, und dennoch ist „The Smashing Machine“ ein Film, der wie ein Prisma einen gesellschaftlichen Zustand spiegelt.
„The Smashing Machine“. US 2025. Regie: Benny Safdie. Mit Dwayne Johnson, Emily Blunt. Kinostart: 2. Oktober 2025