Viel Arbeit, wenig Einkommen
Nöte, Sorgen und Freuden der deutschen Landwirtschaft thematisiert der Spielfilm „Milch ins Feuer“ von Justine Bauer. Wobei der Titel am meisten ersteres verheißt: Er spielt an auf einen Bauer, der öffentlichkeitswirksam gegen die Milchpreise protestiert, indem er Stroh in Brand setzt, um dann mit Milch zu löschen. Die sei so billig wie Wasser - warum also damit sparen? Leben könne man vom Verkauf nicht.
Es ist der Nachbar von Marlies, die mit ihrer Tochter Katinka und deren Schwestern sowie Großmutter Emma auf ihrem Hof Ackerbau und Viehzucht betreibt; es ist ein heißer Sommer, die Frauen kühlen sich im nahen See ab, wenn sie nicht in der Landwirtschaftsschule oder auf dem Traktor sitzen oder im Bikini die Kühe melken.
Preise schlecht, Kosten hoch, die Arbeit viel. Justine Bauer widmet sich ausführlich den Gegenwarts- und Zukunftsplänen der Frauen. Katinka will den Hof übernehmen, die anderen denken noch nach - ist vielleicht etwas ganz anderes möglich? Katinkas Freundin Anna ist ungewollt schwanger, sie weiß nicht, wie es nun weitergeht. Der Film ist in der Region Hohenlohe angesiedelt. Wenn sich, wie an vielen Orten, die Landwirtschaft nicht mehr lohnt, hier ist der Tourismus – Ferienwohnungen anbieten – keine Option.
Regiedebütantin Bauer ist selbst auf einem Bauernhof aufgewachsen, einer Straußenfarm. Mit viel Gespür für die Absurditäten des Bauernlebens inszeniert sie ihren bereits mehrfach ausgezeichneten Film, setzt pointierte Szenen.
„Wenn man Bauern- und Bäuerinnentochter ist und mit Nachnamen auch noch Bauer heißt, sträubt man sich erstmal dagegen, den Debütfilm auch im Bereich der Landwirtschaft anzusiedeln“, sagt die Regisseurin. „Aber dann hat mir doch immer eine realistische Darstellung der Bäuerinnen im Spielfilm gefehlt, harte körperliche Arbeit, besonders Frauen, die in einem häufig nur mit Männern verbundenen Beruf hart arbeiten, die nicht klischeehaft während der Dialoge mit der Mistgabel im Stroh herumstochern.“ Ein Film über Arbeit in der Nähe zur Natur - und nicht zuletzt auch über rechtsradikale Einstellungen auf dem Land.
Auch auf die letzten Bauernproteste im Jahr 2023 rekurriert er, Stichwort Höfesterben: Nur noch Großbetriebe überleben die ökonomischen Anforderungen der Agrarwirtschaft.
Leicht zu rezipieren ist dieser Film nicht. Die Schauspielerinnen sprechen hohenlohisches Idiom, Marlies-Darstellerin Johanna Wokalek hat das monatelang mit einem Dialektcoach geplant. Zum Glück gibt’s Untertitel, sonst wären Ortsunkundige in diesem ungewöhnlichen Werk hoffnungslos verloren.
„Milch ins Feuer“. D 2025. Regie: Justine Bauer. Mit Karoline Nothacker, Johanna Wokalek u. a. Kinostart: 7. August 2025.