Kampagnenauftakt der Linken: Entschlossen und kämpferisch von Haus zu Haus
- Die Linke
Die Linke startet kämpferisch in die heiße Phase ihrer Europawahlkampagne. Bei der Auftaktveranstaltung auf dem Berliner Rosa-Luxemburg-Platz liefen sich Kandidat*innen und Verbündete aus sozialen Bewegungen für die entscheidenden Wochen warm. Dabei machte die Partei deutlich, dass sie sich weiter bedingungslos für die sozialen Interessen von Beschäftigten und der großen Mehrheit starkmachen wird und sich als einzige Partei glaubhaft und zuverlässig rechten Kräften entgegenstellt.
„Wir wollen ein Europa der sozialen Gerechtigkeit. Gerechtigkeit geht nur mit Links“, stellte der Parteivorsitzende und Spitzenkandidat Martin Schirdewan klar. „Am 9. Juni entscheidet sich die Zukunft Europas.“ Er attackierte die Bilanz von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen scharf, ebenso wie die Ampelregierung, die ihren Kurs der sozialen Kälte auch in Europa durchsetzt.
Martin Schirdewan erinnerte etwa daran, dass die EU-Plattformrichtlinie, die Beschäftigten auf digitalen Plattformen endlich fundamentale Rechte wie Mutterschutz einräumt, in Brüssel gegen die Stimme von SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil beschlossen wurde, der sich für Deutschland im EU-Ministerrat enthielt, was einer Ablehnung gleichkommt. „Ich finde das eine Riesen-Sauerei, dass die Ampel ihre unsoziale Politik, die sie hier in Deutschland umsetzt, auch versucht, in Brüssel und in Straßburg fortzusetzen. Wir als Linke können so stolz darauf sein, dass wir endlich dieses Gesetz durchgekriegt haben,“ so Martin Schirdewan.
In Europa investieren
Auch die Verlängerung der absurden europäischen Schuldenregeln durch Von der Leyen und die Mehrheit im Europäischen Parlament kritisierte er scharf: „Das ist so etwas wie die europäische Schuldenbremse.“ Dabei handelt es sich aber um „eine europäische Investitionsbremse“, wie der Spitzenkandidat der Linken erläuterte.
„Ich finde, alle Abgeordneten, die dafür abgestimmt haben, müssen wir als Zukunftsverweigerinnen und Zukunftsverweigerer bezeichnen, weil sie mit dieser falschen Politik, mit dieser schändlichen Politik dafür sorgen, dass es eben keine wirklich ausgebaute öffentliche Daseinsvorsorge in der EU geben wird“, so Martin Schirdewan.
Investitionen in Gesundheitsversorgung, Pflege und Mobilitätswende, gute Arbeit und Klimaschutz werden durch dieses Regelwerk blockiert. „Das sind doch die Aufgaben unserer Zeit und die Mehrheit weigert sich, diese Aufgaben anzugehen. Aber wir sind diejenigen, die die Zukunft der Gesellschaft im Blick haben,“ machte er deutlich.
Denn das Geld dafür wäre durchaus da: „Die fünf reichsten Menschen in der Europäischen Union haben in den letzten drei Jahren ihr Vermögen um 76 Prozent steigern können“, erinnerte der Spitzenkandidat der Linken. „99 Prozent der Europäerinnen und Europäer haben in derselben Zeit durchschnittlich sechs Prozent ihres Vermögens verloren.“ Für ihre Interessen will die Linke in Brüssel streiten.
„Die soziale Schere klafft immer weiter auseinander, weil eben nicht in die Zukunft investiert wird. Weil eben nicht in den sozialen Zusammenhalt investiert wird. Weil wir eine massive Lebenshaltungskostenkrise erlebt haben, wo die Lebensmittelpreise durch die Decke gegangen sind und die Leute teilweise nicht mehr wissen, wie sie ihre Miete bezahlen sollen“, so der Fraktionsvorsitzende der Linken im EU-Parlament.
Die Krise der explodierenden Lebenshaltungskosten will die Linke bekämpfen, indem Lebensmittelpreise gedeckelt und die Spekulation mit Nahrungsmitteln beendet werden soll. „Es geht doch darum, dass sie Leute satt werden, und nicht darum, dass die Besitzer großer Lebensmittelkonzerne immer reicher werden.“
„Wir brauchen eine Gerechtigkeitswende in der Europäischen Union, wir brauchen eine Gerechtigkeitswende auch hier in Deutschland,“ betonte er. Von der politischen Konkurrenz ist dies nicht zu erwarten: „Wir sind die Partei, die kein Geld von Konzernen annimmt. Wir sind die Partei, die durch die Kraft unserer Mitglieder lebt.“
Politische Konkurrenz tritt unseriös auf
Die AfD versinkt derweil in einem Sumpf aus Skandalen. „Spionage, Korruption, irgendwelche dubiosen Überweisungen von Geldern, Treffen mit irgendwelchen Geheimdienstleuten: Das ist doch wirklich absurd“, so der Parteivorsitzende. „Wir werden trotzdem die Herausforderung annehmen, der extremen Rechten in Deutschland und in der Europäischen Union die rote Karte zu zeigen. Ich will nicht, dass diese Menschenfeinde, diese Demokratiefeinde und die Zerstörer des sozialen Zusammenhalts eine starke Stimme in Europäischen Parlament haben. Also lasst uns gemeinsam auch gegen diesen Rechtsruck kämpfen.“
Auch die CDU/CSU und ihre europäische Parteienfamilie geben im Wahlkampf ein unseriöses Bild ab, wie Martin Schirdewan betonte. „Ursula von der Leyen kriegt jetzt das politische Programm in die Hand gedrückt und den Auftrag, ihre eigene Politik der letzten fünf Jahre rückabzuwickeln.“ Gegen die bescheidenen Fortschritte beim Green Deal und in der Landwirtschaftspolitik muss sie jetzt nach Willen der eigenen Partei Stimmung machen, während durch ihren Migrations- und Asylpakt Menschenrechte geschleift werden, wie der Linken-Vorsitzende erklärt. „Sie kriegt ein Parteiprogramm auf den Weg, dass das alles noch verschlimmern soll. Und sie ist sich dafür nicht zu schade, und gibt sich dafür her. Ich meine, was für ein Glaubwürdigkeitsdefizit!“ „Ich freue mich darauf, das denen gemeinsam um die Ohren zu hauen“, so Matin Schirdewan.
Für die selbsternannte „Oma Courage“ Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der FDP hat der Spitzenkandidat der Linken nur Spott übrig. „Es kann doch nicht wahr sein, dass man seine Bildungsdefizite so deutlich macht in diesem Wahlkampf.“ Dass ausgerechnet eine Politikerin, die im Ruf steht, der Rüstungsindustrie nachzustehen, damit wirbt, dass sie am Krieg verdient, sagt für Martin Schirdewan „ehrlich gesagt alles über diese FDP aus“.
Gleichzeitig warte der Spitzenkandidat vor ähnlichem Denken bei den Grünen. Sie „haben ziemlich viel Aufrüstung im Kopf, ziemlich viel Verteidigungspolitik im Kopf“, wie er betont. „Wenn man versucht, Menschheitsprobleme zu lösen, wenn man versucht, eine Idee von Zukunft zu entwickeln, dann muss mir mal irgendjemand erklären, wie das mit mehr Aufrüstung, mehr Militarisierung, mit mehr Blockbildung, mit mehr Konfrontation und mit mehr kriegerischen – oder zumindest potentiell kriegerischen – Konflikten gelingen soll“, so der Spitzenkandidat der Linken.
Er forderte Beschäftige und Durchschnittsverdiener*innen auf, zur Wahl zu gehen, um für ihre Interessen einzustehen „Ursula von der Leyen und ihre Lobbykumpels gehen auf jeden Fall wählen. Björn Höcke und seine Faschokumpels gehen auf jeden Fall wählen. Sorgen wir dafür, dass die Krankenpflegerin, dass der Müllfahrer, dass die Leute, die in den Schulen und Kitas arbeiten, auch wählen gehen“, so der Spitzenkandidat der Linken.
Es lohnt sich, zu kämpfen!
Die Gesundheits- und Krankenpflegerin Stella Merendino, aktives Mitglied bei Verdi und Mitorganisatorin der Berliner Kampagne „Notaufnahme retten!“ machte deutlich, wie die Realität der Beschäftigen wirklich aussieht – aber auch, dass es lohnt, sich zu wehren. „Wir haben vier Wochen gestreikt und haben jetzt feste Personalgrenzen, was großartig ist.“
„Die Bewegung entstand aus einer unglaublichen Not heraus“, erklärte Stella Merendino. „Die Arbeitsbedingungen sind so menschenunwürdig, dass eine adäquate Versorgung nicht gewährleistet werden kann, und das bundesweit.“ „Keine Profite mit der Gesundheit!“, forderte sie deshalb. „Krankenhäuser und Pflegekonzerne gehören in öffentliche Hand und nicht privatisiert!“
Auch Spitzenkandidatin Carola Rackete machte deutlich, dass es eine grundsätzlich andere Politik braucht: „Veränderung ist dringend notwendig. Jedes fünfte Kind ist von Armut betroffen und wir hatten das heißeste Jahr seit 120.000 Jahren“, betonte sie.
„Die Klimakrise ist da und der Faschismus steht vor der Tür. Es geht darum, den Rechtsruck aufzuhalten, die Demokratie zu schützen“, so Carola Rackete. „Dass, was wir gesellschaftlich anzünden müssen, ist die Flamme des antifaschistischen Widerstands.“
Gerhard Trabert, Sozialmediziner und Kandidat der Linken im Spitzenteam für Europa, betonte, dass die Themen Armut und Gesundheit die Menschen auf dem gesamten Kontinent beschäftigen. Notwendig ist deshalb „eine Gesundheitsversorgung, die jeden erreicht.“
„Wir brauchen kein duales Versicherungssystem – gesetzlich und privat,“ so Gerhard Trabert, sondern eine gute Versorgung für alle. So kann sichergestellt werden, dass die medizinische Behandlung „nicht von der Versicherung oder dem Geldbeutel abhängig ist.“ Die Linke ist „die einzige Partei, die authentisch, kompetent und reflektiert das Thema soziale Ungerechtigkeit in ihr Programm aufgenommen hat und hier auch wirklich versucht, etwas zu verändern“, wie Gerhard Trabert betont. „Wir reden immer wieder über die Verteidigung einer Demokratie nach außen. Aber eine Demokratie muss im Inneren stabilisiert werden. Und eine Demokratie im Inneren zu stabilisieren, bedeutet eben, soziale Ungleichheit zu bekämpfen,“ gab er zu bedenken.
Hochmotiviert für den Wahlkampf
Maximilian Schirmer, Landesvorsitzender der Partei in Berlin, betonte, dass die Linke durch die zahlreichen Neueintritte für den Wahlkampf gut aufgestellt ist: „Wir sind richtig motiviert, denn wir haben über 1400 Neumitglieder in Berlin.“ Bei Diskussionen an Schulen hat er die Erfahrung gemacht, dass Inflation, Krieg und Zukunftsängste die jungen Menschen umtreiben. Busfahrer und Pflegekräfte bangen trotz Überbelastung im Job um ihre Wohnung, wie er berichtete. „Wenn wir die Leute, die wir bei Corona als systemrelevant beklatscht heben, im Regen stehen lassen, dann stimmt der politische Fokus überhaupt nicht mehr“, so der Berliner Landesvorsitzende. „Natürlich haben die Leute Angst vor der Zukunft. Ist doch völlig klar.“
Die Linke schaut dabei nicht untätig zu, wie er betont: „Wir haben zum Beispiel gerade in Berlin einen Heizkostenfonds gefordert. Zu einem Zeitpunkt, wo bei all den Leuten die Betriebskostenabrechnung in den Briefkasten eigetrudelt ist.“ Doch statt den Menschen zu helfen, plant die Berliner Politik lieber eine Magnetschwebebahn für 250 Millionen Euro, wie er kritisiert.
Die Frage, woher das Geld kommen soll, ist für ihn deshalb leicht zu beantworten. „Ich kann das ehrlich gesagt nicht mehr hören. Wir könnten eine Vermögenssteuer wie unter Helmut Kohl einführen und das Geld könnte, wie damals, direkt in die Kommunen fließen.“ Krankenhäuser, mehr S-Bahnen und eine vernünftige Ausstattung der Schulen wären so kein Problem mehr. „Wir können uns in Berlin nicht mal saubere Schulklos leisten, das ist doch Wahnsinn, während wir Geld rausschmeißen für wirklichen Quatsch.“
Ines Schwerdtner, Kandidatin der Linken für das Europaparlament, machte deutlich, dass die Linke als einzige Partei dem Rechtsruck wirklich etwas entgegenstellen kann: „Wir als Linke wissen, dass die Faschisten der größte Gegner sind, aber genauso wichtig ist zu betonen, was die Ursache dieses Rechtsrucks ist,“ so Ines Schwerdtner. „Was dazu geführt hat, ist die neoliberale Politik der EU, die Menschen hat verarmen lassen,“ betont sie. Auch Genoveva Jäckle von der Initiative #ichbinarmutsbetroffen warte vor den falschen Versprechungen von rechts: „Diese Lügen sind das Gift, das gerade unsere Gesellschaft zersetzt.“
Europa droht eine neue Dekade der Kürzungspolitik, wie Ines Schwerdtner deutlich machte: „Im EU-Parlament sind gestern die neuen Schuldenregeln gebilligt worden […]. Das bedeutet, dass die EU nichts anderes erwartet als ein neues Jahrzehnt der Austerität“, so die Kandidatin für das Europaparlament. „Wir kommen da nicht raus, wenn wir uns nicht gemeinsam dagegenstemmen.“ Doch mit Verweis auf jüngste Umfragen betonte sie ebenfalls, dass eine Zweidrittelmehrheit in Deutschland keine Kürzungen im Sozialbereich will. Die Linke spricht „für eine glatte Mehrheit, die sagt: Wir wollen keinen sozialen Kahlschlag!“, wie Ines Schwerdtner unterstrich.
Auch übte sie scharfe Kritik an Von der Leyens neuer Verteidigungsstrategie, die dazu führt, dass Europa nicht in neue Technologien und Klimaschutz, sondern in Waffen investiert. Die Solarindustrie in Ostdeutschland wird gleichzeitig aufgegeben, wie Ines Schwerdtner unterstrich: „Bei Meyer Burger in Freiberg werden 400 Beschäftigte entlassen, während Olaf Scholz einen Spatenstich bei der Rüstungsindustrie macht.“ Das Gerede von einer „feministischen Außenpolitik“ bei gleichzeitiger Aufrüstung ist für sie „ein Hohn auf die Opfer aller Kriege“. „Wir sagen als einzige Partei: Wer den Frieden will, muss ihn politisch erkämpfen.“
„Unsere Genoss*innen, die auf dem Land, in den Dörfern, aber auch hier in Berlin tagtäglich gegen Rassismus kämpfen, brauchen unsere Unterstützung. Und dafür muss auch den rechten Parolen in den Parlamenten Einhalt geboten werden,“ betonte Lea Reisner, die ebenfalls für die Linke für das Europaparlament antritt. „Die EU hat mit der Reform des Europäischen Asylgesetzes Menschenrechte abgeschafft, also genau jene Rechte, die als Folge des zweiten Weltkriegs, als zivilisatorische Errungenschaft, als Antwort auf Nazideutschland eigeführt wurden.“
„Menschen werden weiterhin auf lebensgefährliche Fluchtrouten gezwungen“, machte Lea Reisner deutlich. „Durch meinen Einsatz in der zivilen Seenotrettung habe ich hautnah erfahren, wie brutal das europäische Grenzregime ist. Die Schreie der Mutter, die ihr Kind in den Wellen verloren hat, nur wenige Stunden, bevor wir ihr Boot erreichten, verfolgen mich bis heute.“ Sie machte unmissverständlich klar: „Ich habe die Festung Europa gesehen, und wir dürfen nicht zulassen, dass das tägliche Sterben an unseren Außengrenzen weitergeht.“ „Ich bin der Linken und allen mit uns Kämpfenden dankbar, dass wir als letzte Partei weiterhin die Menschenrechte verteidigen,“ so Lea Reisner.
Bundesgeschäftsführer Ates Gürpinar verabschiedete anschließend die ersten Teams in den Haustürwahlkampf der Linken. „Wir sind motiviert und wir sagen: Es muss sich was ändern in Europa. Und wir fangen heute damit an,“ machte er deutlich. Auch die Parteivorsitzende Janine Wissler kündigte zum Abschluss der Veranstaltung einen entschlossenen und unerschrockenen Wahlkampf der Basis an: „Wenn wir uns vorstellen, dass die Reden, die heute hier gehalten wurden, im Europaparlament gehalten werden, dann ist das noch nochmal eine richtige Motivation, wirklich um jede Stimme zu kämpfen, damit wir eine starke linke Fraktion im nächsten europäischen Parlament haben: Als klares Zeichen gegen Rechts, als Verteidigerin der Menschenrechte und für ein Europa der Menschen und nicht der Banken und Konzerne.“