Bayerisches Urteil

Mietendeckel vor dem Aus?

Die CDU bleibt sich treu

Ein Richterspruch aus Bayern sorgt derzeit für Diskussionen. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof bestätigte am Donnerstag eine Entscheidung des Innenministeriums, wonach ein angestrebter Volksentscheid über einen “Mietenstopp“ unzulässig sei. Der Vorstoß vom Bündnis Mietenstopp sei „mit Bundesrecht offensichtlich unvereinbar“, da dem Land Bayern die Gesetzgebungskompetenz fehle, so das Gericht. Das Bündnis aus LINKEN, SPD, Grünen und Gewerkschaften hatte im März 52 000 Unterschriften im Innenministerium überreicht, zusammen mit dem Antrag für das Volksbegehren "Sechs Jahre Mietenstopp". Demnach sollten in 162 bayerischen Gemeinden, denen selbst die Staatsregierung einen „besonders angespannten Mietmarkt“ attestiert, Mieterhöhungen in bestehenden Verträgen für sechs Jahre untersagt werden.

Der Landessprecher der bayerischen LINKEN, Ates Gürpinar, zeigte sich am Donnerstag zwar enttäuscht, betonte aber: „Die Ablehnung bedeutet nicht das Ende, im Gegenteil: Das bayernweite Bündnis hat Parteien, Gewerkschaften und zivilgesellschaftliche Gruppen gesammelt. Wir schauen auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Berliner Mietendeckel“. Tatsächlich muss Karlsruhe über eine Normenkontrollklage der Bundestagsfraktionen von Union und FDP gegen den Mietendeckel entscheiden: Das Mietrecht sei Sache des Bundesgesetzgebers. Die Kammer eines Berliner Landgerichts hatte sich dieser Sichtweise angeschlossen.

Drei von neun Richter*innen stimmten dagegen

Dabei ist die Rechtslage nicht so eindeutig. Wie Gürpinar betonte, seien drei Mitglieder des Verfassungsgerichts der Ansicht gewesen, „dass der Gesetzentwurf mit Bundesrecht vereinbar seien könnte“. Tatsächlich stimmten drei von neun Richter*innen per Sondervotum gegen die Entscheidung ihrer Kolleg*innen. Schließlich hat der Bund bereits Gesetzgebungskompetenz an die Länder abgegeben. Insofern kam der Jubel der Berliner CDU am Donnerstag zu früh: Der Mietendeckel stehe „in Berlin endgültig vor dem Aus“, freuten sich die Christdemokraten. Dabei hatten die bayerischen Richter*innen ausdrücklich betont: „Die Frage, ob ein Land die Kompetenz zur Normierung von Mietpreisregelungen besitzt, kann nur anhand der konkreten Ausgestaltung der landesrechtlichen Regelungen beurteilt werden.“ Sprich: Die Entscheidung bezieht sich ausschließlich auf den bayerischen Gesetzentwurf. Und: Die Länder haben hier tatsächlich Spielraum.

Keine Blaupause für Karlsruhe

Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (DIE LINKE), die den Mietendeckel gegen viele Widerstände durchgedrückt hatte, gibt sich zuversichtlich: „Das Berliner Gesetz unterscheidet sich inhaltlich deutlich vom bayerischen Vorschlag. Deshalb gehen wir weiterhin davon aus, dass es einer verfassungsrechtlichen Überprüfung standhalten wird." Die Mietenexpertin der Berliner LINKEN, Gaby Gottwald, verweist auf die Unterschiede zwischen dem Mietendeckel und dem bayerischen Mietenstopp: In Berlin sei der Deckel umfassend über das öffentliche Recht geregelt. „Genau hier unterscheidet sich der Mietendeckel vom bayerischen Modell, weil wir genau solch eine öffentlich-rechtliche Regelung eingeführt haben“, so Gottwald. Zudem unterstreicht Gottwald: „Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem März-Urteil zur Aussetzung der Bußgelder beim Mietendeckel betont, dass die Zuständigkeit offen ist und eben vom Bundesverfassungsgericht entschieden werden muss. Bayern greift hier gewagt und vorschnell dem Bundesverfassungsgericht vor“.

Es bleibt also spannend. Anders als Union und FDP behaupten, ist die Entscheidung aus Bayern kein „Präjudiz für das Bundesverfassungsgericht“, meint auch Reiner Wild, der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins.