Keine Profite mit der Pflege!

Pflege muss dem Gemeinwohl dienen und nicht den Aktionären

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wirbt derzeit für seine Pflegereform. Doch an dem Vorstoß gibt es massive Kritik, auch von der LINKEN. „Die Pflegereform wird den wachsenden Anforderungen in keiner Weise gerecht“, so Sofia Leonidakis , Fraktionsvorsitzende der LINKEN in der Bremischen Bürgerschaft. An diesem Montag war sie nach Berlin gereist, um dort zum mit der Parteivorsitzenden Janine Wissler das neue Pflegekonzept vorzustellen, das die Fraktion in Bremen zusammen mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung erarbeitet hat. Unter dem Motto „Keine Profite auf Kosten der Schwächsten!“ wendet sich das Konzept gegen das Profitstreben privater Pflegeunternehmen. „Die gewinnorientierte Altenpflege ist kein Erfolgsmodell. Nicht für die Menschen mit Pflegebedarf, nicht für die Beschäftigten, und mit der aktuellen Pleitewelle in der Altenpflege nicht einmal mehr für die Anleger*innen“, so Janine Wissler. Ohnehin werden die meisten Pflegebedürftigen zu Hause betreut.

"Hohe Renditeerwartungen" führten in die Pleite

Aktuell zu sehen in Bremen, wo der dort ansässige Convivo-Konzern Insolvenz beantragen musste. Das Unternehmen ist ein Schwergewicht in der Branche und hat sich zu einem der größten Pflegeheimbetreiber in Deutschland entwickelt.„Convivo beschäftigt bundesweit rund 5000 Menschen und betreut 20000 Pflegebedürftige in mehr als 100 Pflegeeinrichtungen“, erläuterte Leonidakis. Neben Convivo habe in Bremen auch die Hansa-Gruppe mit 1400 Beschäftigten ein Schutzschirmverfahren beantragen müssen. Für das rot-rot-grün regierte Bremen ist das ein Problem: Sobald ein privater Konzern in finanzielle Schieflage gerät, muss die öffentliche Hand helfen.

Der Pflegemarkt in Deutschland ist in der Krise. Exemplarisch die Entwicklung bei Convivo, wo „überproportionales Wachstum mit hohen Renditeerwartungen“ in die Insolvenz geführt hätten, so das Bremer Magazin „Buten und Binnen“. Eine Ursache, so Leonidakis, „ist der Personalmangel. Ein regelrechter Pflexit hat eingesetzt, weil viele Pflegekräfte kurz vorm Burnout stehen, verlassen sie den Beruf oder gehen in Teilzeit. Auch die Leiharbeit ist auf dem Vormarsch. Für die Träger bedeuten all diese Dinge Mehrkosten“, so Leonidakis. Das Problem sei aber älter, so die Fraktionsvorsitzende. „Es begann 1995, als die Privatisierung der Pflege eingeleitet wurde.“

Lauterbachs Reform lässt den Konzernen freie Hand

Deshalb will DIE LINKE, dass „die Altenpflege in gemeinnütziger Trägerschaft organisiert wird“. Das heißt: profitgeile Konzerne raus aus der Pflege. Doch das Konzept der Bremischen LINKEN zeigt auch die Grenzen landespolitischer Gestaltungsmacht. „Die Möglichkeiten auf Landesebene stoßen schnell an bundespolitische Grenzen“, erklärte Leonidakis. Hier kommt Minister Karl Lauterbach ins Spiel, der hier den gesetzlichen Rahmen setzt. Oder eben auch nicht. „Seine Pflegereform schont die Konzerne und entlastet die Menschen kaum“, so Janine Wissler. An der Trägerstruktur und der Gewinnerwartung der Pflegeeinrichtungen wird auch von der SPD nicht gerüttelt.

Ab 2024 will Lauterbach das Pflegegeld um 5 Prozent erhöhen (erstmalig seit 6 Jahren), doch die Inflationsrate liegt allein in diesem Jahr bei 10 Prozent. Die Beiträge zur Pflegeversicherung werden erhöht, für Menschen ohne Kinder mehr als für Menschen mit mehreren Kindern. Die Beitragsbemessungsgrenze wird aber nicht angetastet. „Die Top-Verdiener*innen zahlen prozentual aufs Einkommen immer noch weniger Beiträge als die Beschäftigten z.B. in der Pflege selbst“, heißt es in dem Pflegepapier der LINKEN. Je nach Verweildauer sollen die Zuschläge zu den Eigenanteilen um 5 bis 10 Prozent steigen. Was von Ex-Minister Jens Spahn (CDU) als Verlegenheitslösung aufgebracht wurde, wird hier auf Dauer gestellt. Von der im Koalitionsvertrag angekündigten Deckelung und Planbarkeit der Eigenanteile kann keine Rede sein.

Das Konzept der LINKEN

Das LINKE Pflegekonzept legt ganz andere Schwerpunkte. Hier die wichtigsten Punkte für eine gemeinnützige Pflege

- Der gesetzlich verankerte Anspruch auf Gewinn, der sogenannte Risikozuschlag, für den der Staat im Zweifel bezahlt, wird ersatzlos gestrichen.

- Der Pflegemarkt wird auf gemeinnützige Träger begrenzt. Das ist bundesrechtlich möglich, da es sich um Aufgaben der öffentlichen Daseinsfürsorge handelt. Dazu müsste eine Öffnungsklausel im SGB XI eingeführt werden, wie es im Bereich der Kindertagesstätten (SGB VIII) bereits möglich und in einigen Ländern Praxis ist.

- Kreisläufe des Gemeinwohls schaffen: Öffentliche Gelder werden auf den Einsatz in Einrichtungen beschränkt, die keine Gewinne abführen und nach Gemeinwohl wirtschaften. Im Nachbarland Österreich hat z.B. das Burgenland eine eben solche Regelung getroffen.

- Kommunen gründen eigene Träger, um den wachsenden Bedarf nach qualitativ hochwertiger Betreuung im Alter decken zu können. Nur dann sind sie auch im Fall absehbarer Insolvenzen handlungsfähig und nicht von neuen Investoren abhängig.

- Das Subsidiaritätsprinzip, das bisher verhindert, dass kommunale Träger ihr Potenzial in der Wohlfahrtspflege ausschöpfen, muss abgeschafft werden.

-Starthilfe-Investitionen aus einem Pflege-Fonds für gemeinwohlorientierte Träger. Damit werden die Umstrukturierung des Pflegemarktes vorangetrieben und notwendige Kapazitäten geschaffen.