Vor uns die Sintflut

Haben die politisch Verantwortlichen die Unwetterwarnungen im Vorfeld der gespenstischen Flut ignoriert? Die Frage führt uns auf eine falsche Spur. Denn die deutsche Politik ignoriert seit Jahrzehnten entsprechende Warnungen. Der Autor dieser Zeilen kann sich an eine Pressekonferenz der Landesumweltminister im Jahre 2006 erinnern. Damals warnte man auf dem Podium eindringlich vor Extremwetter und Starkregen als Folge des Klimawandels. Was ist seitdem geschehen? Zu wenig. Weder haben wir den CO2-Ausstoß massiv zurückgefahren, noch haben wir unsere Städte und Dörfer entsprechend vorbereitet und umgebaut. Und immer noch gibt es viele, die den menschengemachten Klimawandel abstreiten. Mit der AfD sitzt eine Partei im Bundestag, die sich an die Spitze der Leugner:innen stellt.

Der Klimawandel ist real

Wer wissen will, ob es den Klimawandel wirklich gibt, sollte mit jenen sprechen, die tagtäglich mit diesem Klima umgehen müssen. Für Landwirt:innen ist der Klimawandel längst Realität. Gärtner:innen in Deutschland pflanzen in den Städten nur noch Gewächse und Bäume, die die steigenden Temperaturen vertragen. Der Klimawandel ist real. Wir erleben gerade, wie der Wandel zur weltweiten Katastrophe wird. Auch wenn Klimaleugner:innen mit Blick auf die Flut immer noch an Zufall glauben wollen und Politiker:innen von einem „Jahrtausend-Ereignis“ sprechen: Die „Starkregenereignisse“ nehmen zu. Das ist kein Zufall, sondern Physik. Denn warme Luft kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Deshalb sind tropische Regengüsse auch so ergiebig. Je tropischer unsere Sommer werden, um so tropischer werden auch die Regengüsse. Oder sie bleiben ganz aus, wie an der amerikanischen Westküste, wo derzeit ganze Landstriche zu Asche verbrennen. Vielleicht leugnen viele den Klimawandel, weil er ihnen Angst macht. Er ist total, global und er zwingt uns, unser Verhalten und unsere Konsumgewohnheiten zu ändern. Es sind keine schönen Wahrheiten.

Die Katastrophe vollzieht sich schneller als gedacht

Wir haben Konzepte, die den Kampf gegen Klimawandel voranbringen.

Zumal sich die Katastrophe offenbar viel schneller vollzieht, als viele Forscher das erwartet hatten. Die Zeithorizonte waren zu großzügig berechnet. Die Klimaforschung fußt auf Messungen und Modellierungen. Gerade hier zeigt sich immer wieder, dass dabei offenbar Faktoren übersehen oder unterschätzt werden. Das 1,5 Grad-Ziel soll vor allem verhindern, dass wir die Punkte erreichen, die das Klima vollends zum Kippen bringen. Es ist keine Garantie dafür, dass wir den Klimawandel aufhalten. Derzeit geht es wohl nur noch darum, den Wandel zu verlangsamen, um uns fast 8 Milliarden Menschen mehr Zeit zu geben. Dabei deutet sich an, dass wir die Kipppunkte wohl schon fast erreicht haben, etwa in Grönland, wo das Eis immer schneller schmilzt oder in Sibirien, wo die Permafrostböden auftauen und extrem klimaschädliches Methan freisetzen. Angst ist kein guter Ratgeber, aber angesichts der sich überschlagenden Ereignisse durchaus angebracht.

Der Markt regelt nichts

Es geht jetzt darum, die schlimmsten Folgen für Mensch und Natur zu verhindern. Der Markt regelt hier nichts. Soziale Bewegungen können gesellschaftlichen Druck erzeugen, um die Akteure zum Handeln zu bewegen. Der Staat und seine Institutionen können Konzerne in die Verantwortung nehmen und die politischen Weichen stellen für den sozial-ökologischen Umbau der Gesellschaft. DIE LINKE ist die einzige der im Bundestag vertretenen Parteien, die Konzepte hat, die da ansetzen. Nur 100 Konzerne weltweit sind für zwei Drittel der CO2-Emissionen verantwortlich. Trotzdem wird der Kampf gegen den Klimawandel vor allem auf die persönliche Ebene heruntergebrochen. Weniger Fleisch, weniger Flugreisen und weniger Autofahrten. Die Konzerne jedoch spielen in den Diskussionen selten eine Rolle. Dabei müssen wir gerade hier aktiv werden und den Unternehmen entsprechende Vorgaben machen.

Viele Menschen fürchten, dass sie beim Kampf gegen Klimawandel auf der Strecke bleiben. Deshalb müssen wir den notwendigen Umbau sozial abfedern. Eben das will DIE LINKE. Geringverdiener sind ja nicht per se Klimaleugner:innen. Wenn „die einfachen Leute“, wie in Frankreich, gegen höhere Benzinsteuern protestieren, die der Staat erheben will, um angeblich das Klima zu retten, heißt das ja nicht, dass die Menschen den Klimawandel ignorieren oder gar leugnen. Aber erst kommt eben das Fressen und dann die Moral, um es mit Brecht zu sagen.

DIE LINKE hat die richtigen Konzepte

Die Besserverdienenden in den Großstädten schwingen sich auf ihr Elektrorad und zeigen verächtlich auf die Proleten, die in ihren Autos in die Stadt kommen. Wer jeden Tag 40 Kilometer zur Arbeit pendeln muss, weil er in den Vororten oder gar auf dem Dorf wohnt, der kann das nicht mit dem Fahrrad tun. Wer in der mobilen Pflege arbeitet, als Klempner:in unterwegs ist oder Pakete ausfährt, kann sich schwer vorstellen, wie das auch ohne das Auto funktionieren soll. Solange Vororte und Dörfer schwer oder gar nicht mit dem öffentlichen Nahverkehr zu erreichen sind, bleiben Pendler:innen auf das Auto angewiesen. Es müssen Alternativen her. Der öffentliche Nahverkehr muss massiv ausgebaut und perspektivisch kostenlos werden. Wir müssen die Wirtschaft umbauen. Noch sind die Milliarden da, um diese Transformation zu stemmen. Wir dürfen nur keine Zeit mehr verlieren. JETZT muss der Umbau beginnen, sonst ist es in naher Zukunft zu spät.

„Nach uns die Sintflut“, war viel zu lange das unausgesprochene Motto des entfesselten Kapitalismus. Unser Motto muss hingegen lauten: „Vor uns die Sintflut“. Wer die Katastrophe vor Augen hat, der handelt. JETZT!