Vertrauen ist keine Strategie
Warum Die Linke der CDU nicht trauen darf
In Zeiten autoritärer Verschiebungen, neoliberaler Dauerkrisen und wachsender Unsicherheit steht Die Linke immer wieder vor der Frage: Wie umgehen mit der CDU? Sind punktuelle Absprachen legitim – etwa bei Verfassungsrichter*innenwahlen, Haushaltsentscheidungen oder der Schuldenbremse? Die Antwort bleibt klar: Vertrauen in die CDU wäre politisch naiv.
1. Die CDU ist Teil des Problems – nicht Teil der Lösung
Die CDU gibt sich gern staatstragend und als Bollwerk gegen Rechts. Doch ihre „Mitte“ ist längst nach rechts gerückt – sprachlich, politisch und strategisch. Unter Führung von Friedrich Merz wurde die Brandmauer zur AfD de facto eingerissen: Mit Begriffen wie „Sozialtourismus“ oder der Forderung nach 180-Grad-Wende in der Asylpolitik übernimmt die CDU rechte Narrative, während sie gleichzeitig die Schuldenbremse als dogmatischen Investitionshemmnis verteidigt. Auch die Kulturkampf-Themen „Frühsexualisierung“ und „Gender-Ideologie“, die lange von der AfD bedient werden, finden in der CDU breiten Widerhall.
Dabei gilt es zu differenzieren: Während der rechtskonservative Flügel diese Politik offensiv vertritt, schweigt der liberal-konservative Flügel häufig – und trägt so Mitschuld. Diese Entwicklungen dürfen nicht ignoriert werden. Wo Zusammenarbeit unvermeidbar ist, brauchen wir klare, transparente Kriterien: politisch-inhaltliche Trennung, öffentliche Kritik und eine klare Abgrenzung von autoritären Positionen.
2. Paktieren für den Moment – verlieren auf Dauer
Es gibt keine „punktuelle Kooperation“ ohne politischen Preis. Jede Abstimmung mit der CDU – etwa bei Richter*innenwahlen oder Haushaltsentscheidungen – sendet das Signal, dass die Brandmauer auch bei uns porös ist. Das schwächt unsere Glaubwürdigkeit und trägt zur Normalisierung autoritärer Formierungen bei. Die Wahl von Thomas Kemmerich in Thüringen 2020, unterstützt von FDP, CDU und AfD, hat gezeigt, wie gefährlich taktische Spiele sind und wie stark das Vertrauen in die Demokratie dadurch beschädigt wird.
Unsere Glaubwürdigkeit entsteht nicht durch taktische Manöver, sondern durch klare Haltung. Es ist wichtig, zwischen taktischer Kooperation und programmatischem Verrat zu unterscheiden und dabei Handlungsfähigkeit zu bewahren. Klare politische Grenzen sind notwendig, aber Die Linke muss gleichzeitig Wege finden, wie sie parlamentarisch handlungsfähig bleibt – etwa durch Bündnisarbeit und öffentliche Debatten.
3. Von Weimar lernen – Wie die Mitte den Weg nach rechts ebnet
In der Krise der Weimarer Republik ebneten bürgerliche Parteien mit antisozialer Politik, antikommunistischer Hetze und Bündnissen mit Nationalisten den Weg für den Faschismus. Damals glaubten manche Linke, man könne mit Konservativen das „Schlimmste verhindern“ – doch am Ende verloren sie alles. Die heutigen Verhältnisse sind natürlich nicht mit Weimar vergleichbar: Unsere demokratischen Institutionen sind stärker, gesellschaftliche Entwicklungen anders.
Dennoch zeigt sich ein ähnliches Muster: In Krisenzeiten neigt die politische Mitte dazu, nach rechts zu rücken – mit verheerenden Folgen. Diese historische Erfahrung verpflichtet uns zur Klarheit: Wer mit autoritären Kräften taktisch paktiert, stabilisiert den Boden, auf dem Faschismus wächst. Daraus leiten wir konkrete Strategien ab, wie DIE LINKE eine Rechtsverschiebung verhindern kann – etwa durch die Stärkung sozialer Bewegungen und die Schaffung von Perspektiven jenseits autoritärer Politik.
4. Antifaschismus braucht Klassenanalyse – keine Rechenschieberei
Antifaschismus ist keine moralische Pose, sondern Klassenpolitik. Faschisierung ist kein Betriebsunfall, sondern eine bewusste Reaktion auf kapitalistische Krisen, mit Repression, Rassismus und autoritärer Formierung als Mittel zur Sicherung von Eigentum und Macht. Die CDU ist dabei kein Gegenspieler der AfD, sondern Teil eines autoritären Blocks mit bürgerlichem Antlitz.
Wer die CDU als Teil eines „demokratischen Bündnisses“ sieht, schwächt die soziale Basis antifaschistischer Politik. Ein glaubwürdiger Antifaschismus entsteht nicht durch reine Symbolpolitik, sondern durch praktische Solidarität – in Tarifrunden, Mieter*inneninitiativen und bei der Verteidigung sozialer Infrastruktur. Dazu gehört, kollektive Handlungsfähigkeit von unten aufzubauen und Perspektiven für jene zu schaffen, die von autoritärer Politik profitieren sollen.
5. Unsere Aufgabe: Konflikt statt Koalition – Haltung statt Hoffnung
Die Linke muss nicht in jedem Einzelfall kategorisch „dagegen“ sein. Aber die politische Linie darf niemals verwischt werden. Haltung bedeutet, klare Grenzen zu setzen, ohne starr zu sein – mit dem Ziel, die Spielregeln zu verändern und nicht mitzuspielen. Das heißt: Keine gemeinsamen Projekte mit Parteien, die soziale Spaltung betreiben. Keine Kompromisse, die unsere Substanz untergraben. Und keine Hoffnung auf Partner, die den Boden bereiten für das, wogegen wir kämpfen.
Unsere Stärke liegt in der Fähigkeit, Alternativen sichtbar zu machen – durch konsequente Klassenpolitik, soziale Bewegungen und solidarische Gegenmacht. Nicht mit dem Ziel bloßer Mehrheiten, sondern mit der Praxis solidarischer Veränderung, die von unten ausgeht.
Fazit: Vertrauen ist keine Strategie – aber Klarheit und Konsequenz sind es. Solange die CDU autoritäre Verschiebungen mitträgt, ist sie kein Bündnispartner für DIE LINKE – weder punktuell noch taktisch. Unsere Aufgabe ist es, Gegengewichte aufzubauen, die soziale Spaltung zu überwinden und demokratische Alternativen zu schaffen.