Die Krönung: Nachklapp zum Skandälchen mit Monarchen

Zur Monarchenkrönung am Wochenende sei noch einmal an das Prinzip des Skandals erinnert: Reiz überflutet rennen Informationen und vermeintliche Skandale nur so durch Tagesblätter und die nicht immer sozialen Netze. Ein paar Beschimpfungen, SED-Vergleiche und Putin-Erinnerungen später vergehen sie meist so schnell, wie sie gekommen sind. Ein wenig Reflexion ein paar Tage später hilft, das Prinzip der Skandalisierung zu verstehen.

Dieses Mal – leider – fachfremd: Vor einem Monat sprach zum ersten Mal ein Monarch im Bundestag. Die Anmerkungen aus der LINKEN, insbesondere von Jan Korte, Martin Schirdewan und mir, anlässlich des Bruchs mit den demokratischen Gepflogenheiten des Parlaments nicht zur Königsrede anwesend zu sein, brachte es in die Kolumnen politischer Leitungen im Springerverlag. Pflegemangel, Krankenhaussterben, Altersarmut und Heimskandale: All dieses scheint zum Aufgreifen für viele unwichtiger als die Nichtanwesenheit zur Rede des britischen Monarchen. 

So funktioniert mediale Aufmerksamkeit und die Fokussierung auf das Unwesentliche. Allerdings hilft eine Skandalisierung häufig beiden Seiten. Stars und Sternchen werden vor allem über ihre kleinen Skandale berühmt. Solange es beiden Seiten nutzt, ist die Konsequenz davon bedauerlicherweise, dass die Öffentlichkeit auf Kosten wirklich wichtiger Themen zugemüllt wird. Monarchien und die gesamten Adelsgeschichten als solche sind hierfür ein Paradebeispiel. Als Relikte aus der Vorzeit des Kapitals existieren sie im kapitalistischen System mit weniger politischer Macht weiter. Aber dennoch bleiben Sie einflussreich – durch eigenes Kapital, durch mediale Aufmerksamkeit: Ihre Funktion – daran sei erinnert – erwarben sie allein über den richtigen Zeitpunkt des Geschlechtsverkehrs ihrer Eltern. 

Beinahe zufällig wurde meine Nichtanwesenheit öffentlich. Somit nutzte ich die zu erwartete Aufmerksamkeit. Warum? Es war tatsächlich ein Novum, dass ein Monarch im Bundestag reden durfte. Es wäre nötig gewesen, sich damit als Parlament weiter auseinanderzusetzen. Das geschah nicht, Jan Korte machte darauf aufmerksam, wir konnten uns damit nicht durchsetzen.

Da ich eine Rede qua Geburtsrecht nicht richtig fand, nahm ich an der Sitzung nicht teil – und bezeichnete Monarchien im Allgemeinen als Diktaturen mit mehr historischem Lametta. Und wir hatten den Skandal. 

Zu Unrecht und doch irgendwie vorhersehbar: Denn England ist selbstverständlich als solches keine Diktatur, was ich auch nicht behauptet habe. Eine Monarchie jedoch ist der Diktatur nicht fern, genauer: Die Übersetzung aus dem Griechischen ist nahezu identisch mit dem Begriff der Diktatur aus dem Lateinischen. Großbritannien und andere Länder, die aus unterschiedlichen Gründen noch Relikte aus der Monarchie erhalten, sind zwar selbst keine Diktaturen. Meist wurde die Macht der Monarchen gegen ihren Willen in blutigen Auseinandersetzungen so weit zurückgedrängt, dass nur noch die Repräsentation des Landes im Vordergrund stand und weitgehend steht. Dennoch und deswegen bleibt, dass der monarchistische Teil, der noch besteht, selbstverständlich nicht demokratisch ist und die reine Repräsentanz, mit der sich die Länder verteidigen, dann doch nicht das einzige ist: Sie lässt sich schlecht von machtvollen Funktionen trennen: Die Möglichkeit einer Rede im Bundestag ist hierfür das beste Beispiel. Spannenderweise wird Kritik daran auch mit staatlichen Mitteln, reichlich undemokratisch, niedergebügelt: Umgang mit Protesten: Kritik an den Royals? No thanks! | tagesschau.de 

Zur genaueren Auseinandersetzung schrieb Jan Korte für die Rosa-Luxemburg-Stiftung: Ohne Krieg, aber mit Kopf - Rosa-Luxemburg-Stiftung (rosalux.de)

Die Presse sprang auf dieses Thema, genau, weil die Monarchen alte Stars und Sternchen mit politischer Repräsentanz sind – und wir als LINKE die Gegner:innen solch ererbter Funktionen. Das Dilemma bleibt: Anhand eines randständigen Themas war mir mediale Aufmerksamkeit sicher. Hätte ich sie nicht nutzen sollen? Da ich die Kritik grundsätzlich richtig fand, tat ich das – und bleibe dabei: Die Repräsentanten – nicht demokratisch gewählt – haben viele Möglichkeiten zu sprechen: Warum sie auch noch als Novum im demokratisch gewählten Parlament frei sprechen sollen, wir auf deren Etikette zu achten haben, was noch nicht einmal im britischen Unterhaus passiert, das entzieht sich sowohl meiner Kenntnis als auch meinem Einverständnis. Daraus einen Skandal zu machen, ist der Springerpresse überlassen: Der Skandal zog so schnell vorbei, wie er gekommen ist. Die Kritik bleibt – wichtigere Themen sicherlich auch.