Wütende, rechte Hipster: Der Politthriller "Je suis Karl"

Der bildgewaltige Politthriller ist ein fiktives Porträt der Identitären Bewegung.

JE SUIS KARL - Trailer (HD)
  • Pandora Film Verleih

Maxi verliert bei einem Attentat ihre halbe Familie. Angeblich war es ein islamistischer Anschlag. Nun sitzt die traumatisierte junge Frau mit dem einnehmenden und attraktiven Karl im Café, es knistert zwischen den beiden. Karl so: Ich fahre nach Prag, tolle Sommerakademie, wir sind junge Leute aus ganz Europa und reden über die Zukunft.

Maxi überlegt nicht lange, die Vergangenheit war lange Zeit präsent genug. Sie möchte nach vorn blicken.

„Je suis Karl“ - der Titel des Films rund um die beiden spielt klar auf den Anschlag auf die Redaktion der Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ im Jahr 2015 an. Eine islamistische Gruppe überfiel damals die Mitarbeiter, tötete und verletzte zahlreiche von ihnen. In der Folge bekundeten Millionen Menschen ihr Beileid mit dem Hashtag #jesuischarlie in den sozialen Medien.

Im Film wird die Zeit nach einem ähnlichen Ereignis weitergesponnen. Junge Europäer gründen eine ultrarechte, gegen jegliche Ausländer gerichtete Bewegung, Motto: Europa gehört uns.

Der Nazi Karl trägt weder Glatze noch Springerstiefel, redet locker – aber der Content könnte von Josef Goebbels stammen. Bei dem Prager Treffen ist Maxi begeistert von der Euphorie, die Karl mit seinen Bühnenauftritten entfacht. Es kommt, wie es kommen muss. Anschläge werden geplant und durchgeführt, Verschwörungstheorien in konkreten, irrsinnigen Projekten verwirklicht. Pogromartige Verfolgungsjagden werden organisiert. Auf Menschen, die beim neuen Europa nicht dabei sein sollen.

„Je suis Karl“ ist ein Film, der von seinen Darstellern lebt, die die Jung-Nazi-Rolle im zeitgemäßer Kostümierung geben: Sie sehen gut aus, sagen ihre identitären Phrasen in drei Fremdsprachen und HTML auf. Hier geht es um die vermeintliche Faszination einfacher Antworten auf komplexe Probleme, auf Aktion statt Reflexion. Tapfer spielen sich die beiden Hauptdarsteller Jannis Niewöhner und Luna Wedler durchs zunehmend verrückter werdende Setting.

Regisseur Christian Schwochow sieht in seinem mit spektakulären Auftritten gespickten Film ein Manifest, das vor dem Erstarken der neuen Nazis in Europa warnen will. Wie das in diesem Fall rüberkommt, der mit obskuren Wendungen nicht geizt, welche Entsprechung sich dafür in der Wirklichkeit findet, dürfte einige Diskussionen wert sein.

 

 

Unter https://je-suis-karl.film/#aktiv-werden finden sich zahlreiche Materialien zum Film.
Infomaterial für Schulen gibt es auf
https://je-suis-karl.film/#schulmaterial. Schulvorführungen mit Christian Schwochow und Drehbuchautor Thomas Wendrich sind geplant, Klassen können sich anmelden auf https://je-suis-karl.film/#kinotour