Zähmt die Digitalmonster!

Userrechte stärken - BigTech brechen
  • Martin Schirdewan

Digitalgiganten wie Google, Facebook und Amazon kontrollieren den Digitalmarkt nach Belieben und haben gerade in der Pandemie unglaubliche Profite erwirtschaftet. Allein Amazons Umsätze stiegen im Jahr 2020 um rekordverdächtige 106 Milliarden Dollar auf 386 Milliarden Dollar. Deshalb müssen wir politische Verantwortung übernehmen und den digitalen Binnenmarkt regulieren, persönliche Daten schützen und die Macht der Monopole brechen! Die Kommission hat angekündigt, ein "Grundgesetz" für das Internet zu verfassen. In den dazu anstehenden Verhandlungen zum "Digital Services Act" und dem "Digital Markets Act" streite ich für ein faires, offenes und sicheres Internet.

WhatsApp das Monopol nehmen!

Wie wäre es etwa, wenn wir Nachrichten wie E-Mails verschicken oder wie Telefonanrufe von einem Netz ins andere machen könnten? Wir bräuchten dann keine 3-5 Messenger-Apps auf dem Handy, sondern eine Nachricht von Signal zu WhatsApp wäre schnell verschickt. Die Idee heißt Interoperabilität: Wir können entscheiden, bei welchem App-Provider wir uns anmelden und unsere Daten anvertrauen und weiterhin mit allen Bekannten kommunizieren. Gleichzeitig wird Messengerdiensten wie WhatsApp die Monopolstellung strittig gemacht.
Die sogenannten Lock-In-Effekte, also die de facto nicht vorhandene Möglichkeit, einen Online-Dienst zu wechseln, sondern der Zwang, Geräte mit dem immer gleichen Betriebssystem mit den immer gleichen Apps zu erwerben und auszustatten, führen zu weiterer Marktdominanz. Durch eine europäische Regulierung digitaler Märkte (Digital Markets Act) muss diese Dominanz einer Handvoll Unternehmen durchbrochen werden.

Das Datenmonster ist immer dabei

Personalisierte Werbung verbieten!

Um die BigTech-Giganten wie Apple, Facebook und Co., die mittlerweile 70-80 Prozent des gesamten Digitalmarktes kontrollieren, endlich an die Leine zu nehmen, streite ich außerdem für ein Verbot von personalisierter Werbung und die schnelle Löschung illegaler Inhalte ohne die Verwendung von Filtern. Dadurch könnte dem auf dem Verkauf personalisierter Daten basierende Geschäftsmodell weitestgehend der Boden entzogen werden.
Außerdem setze ich mich für ein Verbot von unfairen Geschäftspraktiken ein. Diese umfassen unter anderem das höhere Ranking eigener Produkte. Händler auf Amazon sollten ihre Produkte zu gleichen Bedingungen anbieten können, die auch für die Eigenprodukte von Amazon gelten. Es ist zudem wichtig, dass Onlinemarktplätze die Verantwortung für die angebotenen Produkte übernehmen und für illegale Inhalten haften. Ich bin der Überzeugung, dass Selbstregulierung im Onlinehandel nicht ausreicht. Wir brauchen starke Sicherheitsstandards und Verpflichtungen zur Produktsicherheit und zum Verbraucherschutz auf Onlinemarktplätzen.

Der Zerrüttung bereits prekärer Wohnungsmärkte in Großstädten durch dominante Player wie AirBnB ist Einhalt zu bieten. Dass AirBnB mit massiver Lobbyarbeit auch noch den Datenaustausch mit Städten blockiert, um Regulierungen zu unterwandern, muss durch die neuen gesetzlichen Regelungen im Digital Services Act verhindert werden. Um Mitgliedsstaaten und Städte in die Lage zu versetzen, Plattformen angemessen zu regulieren und zu besteuern, müssen sie die dafür nötigen Daten bekommen. Deshalb brauchen wir starke Transparenzvorgaben, um den Datenaustausch umzusetzen.

So zähmen wir die Monster

Das Kartellrecht funktioniert nicht mehr

Die großen Digitalkonzerne haben sich systematisch eine marktbeherrschende Stellung geschaffen. Die Europäische Kommission schaute dabei tatenlos zu und hat von über 700 Fusionen der GAFAM nicht eine Einzige verhindert. Das zeigt erneut: Das europäische Kartell- und Fusionsrecht funktioniert in der Digitalwelt nicht. Bisher werden Facebook & Co. nicht als Monopole behandelt – weil das Recht noch aus dem industriellen Zeitalter kommt. Es ist Zeit für ein Wettbewerbsrecht, das auch online scharfe Zähne hat. Kommissarin Margrethe Vestager versprach ein New Competition Tool. Allein, dieses Wettbewerbs-Tool ist im "Digital Markets Act" nun nicht auffindbar. Diese leeren Versprechen müssen aufhören. Die Kommission muss ihre Angst gegenüber den BigTech überwinden und endlich in den Ring steigen. Jeder einzelne Schlag gegen die Monopole ist ein Gewinn für unsere Gesellschaft.

Schluss mit der aktuellen Onlinewelt, in der sich BigTech ungehindert an unseren Daten bereichern, Regulierung und gerechter Besteuerung verweigern und die Technik der Zukunft bestimmen. Jetzt heißt es: Die Marktmacht der Monopole brechen und das Geschäftsmodell der Digitalmonster regulieren. Der "Digital Markets Act" und "Digital Services Act" bieten die Chance, den digitalen Binnenmarkt neu zu gestalten und die Digitalmonster endlich zu stoppen - los geht’s!