Diese Wahl wird das Land noch tiefer spalten

Noch ist die Wahl in den USA nicht entschieden und doch kann hier ein erstes Fazit gezogen werden. Die Hälfte der US-Wähler*innen hat sich für einen Autokraten entschieden, der auf demokratische Spielregeln pfeift. Bislang galt die Wahl Trumps im November 2016 als peinlicher Ausrutscher. Eine unheilige Allianz hatte sich damals zusammengefunden. Eine Wahlallianz aus sozial und wirtschaftlich Abgehängten im „Rust Belt“ und religiösen Rechten aus dem „Bible Belt“ sowie den Südstaaten hatte dem zwielichtigen Immobilienhai ins Amt verholfen. Auch weil das demokratische Establishment den„erbärmlichen Haufen“ (O-Ton Hillary Clinton) unterschätzt bzw ignoriert hatte. Trump als Betriebsunfall. So das Narrativ.

Eine unheimliche Wahlallianz

Nun aber wird deutlich: Der autoritäre Profilneurotiker, der die Nazischlägerbanden der „Proud Boys“ aufforderte, „sich bereit zu halten“, der die Verschwörungs-Freaks der „Q-Anon“-Bewegung („Sie mögen mich sehr“) hofiert, der antisemitische Klischees bedient, gegen Einwanderer hetzt, aber die Antifa aber als Terrorgruppe einstufen will, dieser Trump, für den keine Lüge zu dreist, kein Ressentiment zu schäbig ist, hat die Hälfte der Wähler*innen überzeugt, ihr Kreuzchen bei ihm zu machen.

Die einen sehen in ihm ein Werkzeug Gottes, um die USA in einen fundamentalistisch-christlichen Staat zu verwandeln. Diese evangelikalen Taliban gehören zu seinen treuesten Anhänger*innen. Abtreibungsgegner*innen, Waffennarren und Einwanderungsgegner*innen stimmten für ihn ebenso wie jene, die seine Steuersenkungen und seine als erfolgreich wahrgenommene Wirtschaftspolitik schätzen. Trump hat laut Exit Polls in den verschiedensten Gruppen Stimmen hinzugewonnen, so etwa bei Schwarzen, Latinos und weißen Frauen. Ein Teil dieser Wähler*innen stellt den eigenen Wohlstand über demokratische Werte, die Trump ja offensichtlich und bewusst mit den Füßen tritt. Er steht auf Kriegsfuß mit den demokratischen Institutionen. Demokratische Spielregeln gelten nicht, wo Trump Big Points landen will.

Die Hälfte wählte einen Autokraten

Er macht aus seiner Verachtung für das System keinen Hehl. Das macht ihn in den Augen vieler zum Helden. Wobei hier angemerkt werden muss, dass das politische System der USA seinen schlechten Ruf nicht zu Unrecht hat. Und ja, amerikanische Medien verbreiteten und verbreiteten immer mal wieder „Fake News“. Wenn es etwa darum ging, die diversen Kriegsabenteuer zu rechtfertigen oder zu glorifizieren (Embedded Journalism, Saddam hat die Bombe). Das Misstrauen vieler US-Bürger kommt also nicht von ungefähr. Während Trump den Medien vorwirft zu lügen, ist er aber selbst der Meister der Lügen. Wer sonst schafft es, in nur 60 Minuten insgesamt 71 zu lügen? (Sein bisheriger Rekord) Das alles ist seinen Wähler*innen offenbar egal. Sie schätzen ihn als einen, der durchgreift, das marode System bekämpft, sich nicht um Regeln schert. Kurz: Sie schätzen seinen autokratischen Habitus. Sie wählten einen Anti-Demokraten. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass diese Wahl das Land noch tiefer spalten wird.