Streit um Gesetzentwurf

Hätte, hätte, Lieferkette

Es ist ein offenes Geheimnis, dass deutsche Unternehmen von Menschenrechtsverletzungen entlang ihrer globalen Lieferketten profitieren. In nahezu jeder Tafel Schokolade steckt Kinderarbeit. Jedes Auto enthält Rohstoffe, die durch die Verletzung von Arbeitsrechten abgebaut wurden. Deswegen streitet die Linksfraktion zusammen mit über 90 Nichtregierungs-Organisationen für die Verabschiedung eines Lieferkettengesetzes, das Unternehmen dazu zwingen soll, ihre Lieferketten auf mögliche Menschenrechtsverletzungen zu prüfen und diese zu beseitigen. Bei Verstößen sollen Betroffene aus Abbau- und Produktionsländern auch in Deutschland gegen den Konzern klagen können. Dennoch setzte die Bundesregierung bisher auf unverbindliche Menschenrechtsstandards für Unternehmen. Dass eine freiwillige Selbstverpflichtung entgegen der Profitinteressen von Konzernen scheitern musste, bewahrheitete sich durch eine von der Bundesregierung in Auftrag gegebene Unternehmensbefragung. Es sollte geprüft werden, wie es um die Umsetzung der freiwilligen Standards steht. Bei einer Umsetzungsrate von weniger als 50 Prozent der Unternehmen wurde eine gesetzliche Regelung in Aussicht gestellt. Um deutsche Konzerne in einem möglichst guten Licht dastehen zu lassen und so ein Lieferkettengesetz zu verhindern, lobbyierten Wirtschaftsministerium und Unternehmensverbände erfolgreich für eine Verwässerung der Methodik und des Fragenkatalogs. Umso größer war die Blamage, als das Ergebnis zeigte, dass trotzdem nicht einmal 20 Prozent der befragten Unternehmen ein Mindestmaß der Standards umgesetzt hatten.

Die Konzernlobby will einen zahnlosen Papiertiger

Folgerichtig einigten sich Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Entwicklungsminister Peter Müller (CSU) auf Eckpunkte für ein Lieferkettengesetz, die Ende August im Kabinett verabschiedet werden sollten. Getrieben von der Konzernlobby, verhinderte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) jedoch die Abstimmung im Kabinett und forderte eine drastische Entschärfung des Entwurfs. Die zivilrechtliche Haftung sollte seiner Meinung nach gestrichen werden, wodurch das Lieferkettengesetz an Schlagkraft verloren hätte. Das Gesetz sollte außerdem nur noch für deutsche Unternehmen mit mehr als 5000 Mitarbeitenden gelten, was gerade mal 280 Konzerne umfassen würde. Zum Vergleich: die Eckpunkte von Minister Heil und Müller sahen die Verpflichtung von Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden vor, was DIE LINKE bereits kritisiert hatte. Zudem forciert Wirtschaftsminister Altmaier die Übertragung des bekannten Konzepts der „sicheren Herkunftsstaaten“ auf den Bereich der Lieferketten, um die Produktion und den Rohstoffabbau aus bestimmten Ländern pauschal als „risikofrei“ durchzuwinken. Umweltstandards sollten in der Sorgfaltsprüfung keine Rolle mehr spielen. Ein derart schwaches Lieferkettengesetz wäre nicht nur ein zahnloser Papiertiger, es würde schmutzigen Konzernen sogar den Rücken für die Ausbeutung von Arbeiter*innen und Indigenen in anderen Ländern freihalten.

Umso wichtiger ist es, jetzt den Druck auf die Bundesregierung zu erhöhen und in breiten Bündnissen für ein weitreichendes und wirksames Lieferkettengesetz zu kämpfen. In Zeiten des immer ungezügelteren Kapitalismus sind verbindliche menschenrechtliche Unternehmensstandards ein erster wichtiger Meilenstein. Auf dem Weg zu globaler Gerechtigkeit und einem solidarischen Internationalismus sind jedoch noch viele Hürden zu meistern. Darum kämpft DIE LINKE weiter gegen neoliberalen Freihandel à la TTIP, CETA und Mercosur, gegen Rüstungsexporte und Krieg sowie für einen zwischenstaatlichen Dialog auf Augenhöhe.