Wir gedenken Nguyễn Văn Tú

Gedenktafel an einer Hauswand in Berlin-Marzahn für Nguyễn Văn Tú

Heute vor 32 Jahren, am 24.04.1992, wurde Nguyễn Văn Tú am Brodowiner Ring in Marzahn von Neonazis ermordet. Er wurde 29 Jahre alt und hinterließ seine Eltern und Geschwister in Vietnam, die er stets unterstützte.

Nguyễn Văn Tú war am Nachmittag des 24. Aprils mit Freunden am Brodowiner Ring, die dort Zigaretten verkauften. Lokal ansässige Neonazis griffen die Gruppe zunächst verbal und dann physisch an, indem sie gegen ihre Verkaufskartons traten. Als Nguyễn Văn Tú sie daraufhin zur Rede stellte, wurde er mit einem Messer angegriffen. Ein damaliger Freund des rechtsextremen Täters, der bei den rassistischen Schikanen dabei und zum Tatzeitpunkt nur nicht anwesend war, weil er „Verstärkung“ holte, sitzt mittlerweile in der Marzahn-Hellersdorfer BVV als Bezirksverordnter der AfD-Fraktion.

Selbst ein angemessenes Gedenken an Nguyễn Văn Tú wurde jahrzehntelang verhindert. Unterstützer*innen brachten kurz nach dem Mord eine provisorische Gedenktafel an, die jedoch bereits kurze Zeit später wieder zerstört wurde. Auch die Bezirksverwaltung verwehrte damals ein offizielles Gedenken am Tatort. Sie entschied sich 2011 gegen ein Mahnmal, mit der Begründung, es werde „dem tragischen Ereignis nicht gerecht“. Stattdessen wurde auf eine Widmungsinschrift auf einer Skulptur in der Bezirksbibliothek verwiesen, die jedoch nicht nur Rechtschreibfehler in Tús Namen, sondern sogar ein falsches Todesdatum zeigt. Als 2017 Antifaschist*innen eine Gedenkplatte aus Granit verlegten, wurde diese zunächst zerstört und anschließend komplett entfernt — vermutlich von Neonazis.

Erst vor wenigen Monaten — nach über 30 Jahren — wurde nun am Tatort ein Denkmal vom Bezirk eingeweiht. Doch auch dies sorgte für berechtigte Kritik wegen der nicht ausreichenden Einbeziehung der vietnamesischen Community. So wurde die Einweihung der Skulptur von Protestierenden begleitet. Transparente fragten „Wo sind die vietnamesischen Stimmen?“ und stellten fest: „Für euch Gewissenserleichterung, für uns kollektiver Schmerz“. Deshalb braucht es eine Weiterentwicklung des Gedenkortes unter Einbeziehung der betroffenen Community, um endlich ein angemessenes Gedenken zu ermöglichen.